Kunsthistorisches Museum

Castingshow mit Amazonen und Malerfürsten

Montage eines Zweikampfs auf Augenhöhe: Skulptur (Michelangelos „Allegorie der Nacht“) versus Malerei – Tizian erotisierte in seiner „Danae“ die Figur des Kollegen.
Montage eines Zweikampfs auf Augenhöhe: Skulptur (Michelangelos „Allegorie der Nacht“) versus Malerei – Tizian erotisierte in seiner „Danae“ die Figur des Kollegen.(c) KHM/Staatl. Kunstslg. Dresden, Foto: Estel/Klut
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Die große Herbstausstellung „Idole und Rivalen“ ist ein lehrreicher Spaß: ein spielerischer Anekdoten-Parcours durch Wettkämpfe der Kunstgeschichte – von Leonardo gegen Michelangelo zu Rubens gegen Tizian.

Paragone hieß er früher, der Wettstreit zwischen den Künsten. Heute würde er durch Voting entschieden. Mit diesem spielerischen Vergleich versucht die große Herbstausstellung im Kunsthistorischen Museum, die dieses Wochenende beginnt, am Zeitgeist anzuschließen. Tatsächlich werden die Besucher dazu aufgefordert, sich aktiv virtuell einzumischen in die Konkurrenz, die in der Kunst seit der Antike mehr oder weniger gesittet gepflegt wird: Durch Einscannen des Eintrittstickets kann man an sechs Stationen in der Gemäldegalerie seine entscheidende Stimme abgeben.

Der Kampf der Giganten lautet natürlich Michelangelo gegen Leonardo. Von deren Showdown im Palazzo Vecchio in Florenz 1503/04, wo beide parallel an Entwürfen für ein Schlachtengemälde arbeiteten, ist allerdings nur Sekundärkunst überliefert – beide Wandgemälde wurden nicht beendet. Auch die Kartons, also die Vorlagen, sind nicht erhalten, nur Kopien. Eine der berühmtesten, die Sangallo-Kopie von Michelangelos wurmigem Gewusel nackter Körper, konnte aus der Privatsammlung des Earl of Leicester gewonnen werden. Leonardos Seite vertritt niemand Geringerer als Peter Paul Rubens: Sein „Kampf um die Standarte“ nach da Vinci hatte es nicht so weit, aus der Gemäldegalerie der Wiener Akademie der bildenden Künste. Daumen hoch! Mit 62 Prozent Zustimmung liegt es schon vor offizieller Ausstellungseröffnung voran. Die KHM-Mannschaft scheint ihren Spaß daran zu haben. Der Zwischenstand kann live verfolgt werden, im Internet auf idole-rivalen.khm.at.

Maler-Boxkampf um Minerva und Mars

„Idole und Rivalen“ lautet der hübsche Titel der Ausstellung, die von KHM-Kuratorin Gudrun Swoboda als Parcours der Anekdoten konzipiert wurde – in einer modularen Ausstellungsarchitektur Michael Embachers, der wir hier wohl noch öfters begegnen werden. Sie ist nachhaltig – und zumindest erträglich. Die plakative Beschriftung der Kapitel ist gewöhnungsbedürftig, aber übersichtlich. Sie betont vor allem den Boxkampfcharakter. Der ausgerechnet beim martialischen Motiv „Kampf zwischen Minerva und Mars“ beim großen Preis der königlichen Akademie in Paris 1771 zwischen Jacques-Louis David und Joseph-Benoît Suvée für den heute nicht mehr bekannten Letzteren ausging (was man bei Betrachtung der beiden Gemälde verstehen kann). 23 Jahre später musste Suvée seinen Sieg fast mit dem Leben bezahlen. Der nachtragende David schwärzte ihn aus Rache beim Terrorregime der ersten französischen Republik an.

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