Wort der Woche

Fleisch, Milch & Co.

Tierische Lebensmittel tragen stark zu unseren hohen Treibhausgasemissionen bei. Doch auch abseits von Fleisch, Milch & Co. kann der Ernährungssektor viel klimafreundlicher werden.

Laut der UN-Ernährungsorganisation FAO verursacht die Ernährung der Weltbevölkerung jährlich 21,4 Mrd. Tonnen CO2-Äquivalente – knapp ein Drittel des menschengemachten Treibhausgasausstoßes. Davon entfallen 60 Prozent auf Fleisch, Milch und Eier.

Der häufig gezogene Schluss, dass man mit rein pflanzlicher Ernährung die Emissionen des Ernährungssektors um fast zwei Drittel senken könnte, ist allerdings vorschnell. Unbestritten ist, dass dies für das Tierwohl und unsere Gesundheit günstig wäre. Weniger wünschenswert wäre freilich, dass ohne Stallmist sehr viel mehr (Energie- und CO2-intensiver) Kunstdünger produziert werden müsste.

In der Praxis geht die Milchmädchenrechnung jedenfalls nicht auf. Ein konkretes Beispiel haben Madrider Forscher um Guillermo San Miguel im Detail durchgerechnet: Ein Kilogramm Schweinefleisch-Bohnen-Eintopf bedingt demnach Emissionen von 2,23 Kilo CO2-Äquivalenten; 52 Prozent davon entfallen auf Fleisch. Lässt man dieses weg und verkocht stattdessen mehr Bohnen, sinken die Emissionen aber nur um 39 Prozent. Denn zum einen verursachen auch Bohnen Emissionen, und zum anderen machen Kochen, Abfüllen, Verpackung und Vertrieb in Summe 32 Prozent der Gesamtemissionen aus – unabhängig von der Rezeptur (Science of the Total Environment 798, 149203).

Es ist freilich nicht realistisch, dass sich alle Menschen vegan ernähren. Dass dennoch starke Emissionsreduktionen im Lebensmittelsektor möglich sind, hat nun eine internationale Forschergruppe um Ciniro Costa (CIAT, Kolumbien) gezeigt. Der wichtigste Hebel sind verbesserte Produktionsmethoden: Die effizientesten Verfahren z. B. im Getreideanbau (durch passende Düngung, Bodenbearbeitung etc.)
verursachen nur halb so viele Treibhausgase wie durchschnittlich gute Methoden; in der Tierzucht kann der Treibhausgasausstoß (etwa durch optimierte Fütterung) auf ein Drittel gesenkt werden, im Reisanbau sogar auf ein Viertel. Die Forscher haben berechnet, dass die Emissionen durch die Anwendung der jeweils effizientesten Produktionsmethoden bis 2050 um zehn Mrd. Tonnen gesenkt werden könnten. Würde man zudem die CO2-Bindung in Böden und Wäldern verstärken, wäre (netto) eine weitere Verminderung um fünf Mrd. Tonnen möglich. Und um die verbleibenden Emissionen ganz zu eliminieren, würde es ausreichen, den Konsum tierischer Lebensmittel um ein Viertel zu reduzieren (Scientific Reports, 5. 9.).

Und dies scheint durchaus realistisch.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com

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