Kunstwerte

Konkurrenzkampf

Sotheby's ermöglicht mit der neuen Initiative „Artist's Choice“ Künstlern ihre Werke direkt bei Auktionen einzubringen und dringt damit in den Primärmarkt vor.

Das Auktionshaus Sotheby's startet in die Herbstsaison mit einem neuen Verkaufskanal für Künstler. Im Rahmen der am 30. September in New York stattfindenden Contemporary-Curated-Auktion werden unter dem Titel „Artist's Choice“ Werke angeboten, die direkt von Künstlern eingebracht werden. Damit dringt das Haus in den Primärmarkt vor und verkauft Kunst, die frisch aus dem Atelier kommt. Sotheby's verpasst der Aktion eine philanthropische Ausrichtung. 15 Prozent des Erlöses gehen an eine Wohltätigkeitsorganisation nach Wahl des Künstlers oder können für die Finanzierung von Ausstellungen oder Residency-Programme verwendet werden. Doch der ehemalige Art-Basel-Manager Noah Horowitz, der 2021 zu Sotheby's wechselte und das Mastermind hinter „Artist's Choice“ ist, hat bereits angekündigt, dass diese Initiative fester Bestandteil sowohl von Live- als auch von Online-Auktionen werden soll – irgendwann wohl ohne Charity-Charakter. Das könnte bei Galerien für Unmut sorgen.

Angriff auf den Handel. Die Aufteilung des Kunstmarktes in das Auktionsgeschäft und in den Handel verschwimmt immer mehr. Schon vor Jahren haben die Auktionshäuser ihr Angebot um Privatverkäufe erweitert und machen damit dem Kunsthandel Konkurrenz. So hat Sotheby's im Vorjahr bei einem Gesamtumsatz von 7,3 Milliarden Dollar 1,3 Milliarden mit Privatverkäufen erlöst, Christie's verbuchte bei einem Gesamtumsatz von 7,1 Milliarden Dollar 1,7 Milliarden mit dem direkten Geschäft, Tendenz steigend. Nun folgen die ersten Versuche, auch auf dem Primärmarkt ein Stück vom Kuchen zu bekommen. Das schmerzt Galerien allerdings noch mehr als den Kunsthandel, der sich ja im Sekundärmarkt bewegt. Denn die Galerien kümmern sich um den Nachwuchs, entdecken Talente, fördern sie und bauen sie bis zur Marktreife auf. Mit jenen Künstlern, die vom Markt akzeptiert werden und die Karriere machen, verdienen sie dann ihr Geld. Künstler aufzubauen ist ein bisschen wie Start-up-Investing: Nicht jedes Investment geht auf.
Horowitz argumentiert im „The Art Newspaper“, dass die Initiative es Künstlern ermöglicht, am aufkeimenden Sekundärmarkt ihrer Werke zu partizipieren. „Die Preise in den Galerien sind festgelegt, während wir durch das Bietverfahren in der Lage sein können, diese Preise zu übertreffen. Diese Macht an die Einlieferer weiterzugeben, ist sicherlich etwas, das für Künstler und Galerien attraktiv ist“, heißt es da. Na ja, und das Auktionshaus kommt leichter an frische Ware des aktuell boomenden Marktes für ultrajunge Kunst.

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