Tirol wählt in einer Woche einen neuen Landtag. Die ÖVP wird unter ihrem Spitzenkandidaten, Anton Mattle, das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte einfahren. Eine Tour durch ein Land, das vor einem großen Umbruch steht.
Es gibt in kleinen Tiroler Dörfern an Wahlsonntagen eine festgeschriebene Routine. Gewählt wird traditionell nach der Messe, danach geht es ins Dorfgasthaus zum Frühschoppen, und dann kommt die übliche Frage. Nicht „Was hast g'wählt?“, sondern: „Hast eh richtig g'wählt?“ Falsch gewählt ist alles andere als ÖVP.
In etlichen Gemeinden wird noch sehr richtig gewählt. In Hinterhornbach im Lechtal etwa, da kam die Volkspartei bei der jüngsten Landtagswahl 2018 auf 89,5 Prozent. Die zwei Einwohner, die die FPÖ gewählt haben, kennt man, die wählen traditionell so. Der SPÖ hat niemand die Stimme gegeben, und auch die Grünen blieben stimmenlos.
Bei der kommenden Landtagswahl in einer Woche, am 25. September, werden zweifellos auch in Hinterhornbach etliche Einwohner „falsch“ wählen. In Summe werden so viele der 535.112 Wahlberechtigten wie noch nie nicht wie üblich die Liste eins ankreuzen, sondern eine der sechs anderen Parteien, die landesweit kandidieren (SPÖ, FPÖ, Grüne, Liste Fritz, Neos, MFG; die KPÖ kandidiert nur in zwei Wahlkreisen, die Liste Mach mit nur in einem). Oder sie gehen diesmal direkt von der Sonntagsmesse ins Gasthaus, ohne den Umweg über das Wahllokal.
„Griaß di, i bin der Mattle Toni“, sagt der Mann, der in sieben Tagen das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der Tiroler Volkspartei wird verantworten müssen. Man ahnt schon an der Art, wie er sich vorstellt, woher der groß gewachsene Mann mit Glatze kommt: Weit weg von der Stadt, draußen vom Land, wo die Einheimischen den Nachnamen vor dem Vornamen sagen.
Anton Mattle war 29 Jahre lang Bürgermeister in Galtür – und er hätte es in der kleinen Gemeinde im Paznauntal mit ihren knapp 900 Einwohnern politisch gemütlicher gehabt. Der 59-Jährige wurde stets mit 100 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt, Gegenkandidaten kannte er nicht, und seine Liste Aktives Galtür erhielt bei der Gemeinderatswahl im Februar dieses Jahres 65 Prozent der Stimmen. Jetzt kann er schon zufrieden sein, wenn er als Spitzenkandidat der ÖVP bei dieser Landtagswahl halb so viele bekommt.