Giorgia Meloni

Ein halbherziger Abschied vom Duce

Giorgia Meloni begeistert die Massen, sie könnte bald Italiens erste Premierministerin werden. Benito Mussolini nannte sie einst einen „guten Politiker“.
Giorgia Meloni begeistert die Massen, sie könnte bald Italiens erste Premierministerin werden. Benito Mussolini nannte sie einst einen „guten Politiker“. IMAGO/Matteo Gribaudi
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Giorgia Melonis rechte Partei ist neue Nummer Eins in Italien. Wie faschistisch sind die Erben der Mussolini-Nostalgiker heute noch? Eine Spurensuche.

Giorgia Meloni sitzt staatstragend am Schreibtisch, sie trägt eine hellblaue Chiffon-Bluse, blickt direkt und selbstbewusst in die Kamera. Im Hintergrund steht eine große, eingerollte italienische Fahne. Ihre Stimme ist fest, der Akzent makellos. „Bonjour à tous. Ich bin Giorgia Meloni, ich bin 45 Jahre alt und Präsidentin von Fratelli d'Italia, der politischen Partei der italienischen Konservativen“, beginnt sie die Videoaufzeichnung in perfektem Französisch. Nach einigen Minuten wechselt sie ins Englische, danach spricht sie, ebenso fließend, Spanisch. Eine Kinderzeichnung schmückt – gut sichtbar – das Bücherregal hinter ihr: Tochter Ginevra hat die Mama gemalt. Die Inszenierung funktioniert. Man hat nicht den Eindruck, einer verbohrten Faschistin gegenüberzusitzen. Sondern einer modernen Politikerin, einer berufstätigen Mutter, international bewandert.

Mit dem dreisprachigen Video startete Meloni im August ihre internationale PR-Offensive. Die Rechtspopulistin wird nach der Parlamentswahl am 25. September wohl Italiens erste Premierministerin – und erstmals eine Rechtsaußen-Partei an die Regierungsspitze eines großen Eurozonen-Landes hieven. Das beunruhigt im Ausland. Man befürchtet, Rom werde vom proeuropäischen, reformorientierten Kurs abweichen. Daher bemüht sich Meloni um ein gemäßigtes Image, beruhigt, nennt Sorgen über autoritäre Wenden „lächerlich“.

Vor allem aber wehrt sich Meloni vehement gegen den Faschismus-Vorwurf. Immerhin sind ihre Fratelli d'Italia (FdI) Erben der neofaschistischen Partei Movimento Sociale Italiano (MSI), die 1946 nostalgische Duce-Anhänger gründeten. So betont Meloni im Video (auf Englisch): „Die italienische Rechte hat den Faschismus vor Jahrzehnten der Geschichte übergeben und die Unterdrückung der Demokratie und die schändlichen antijüdischen Gesetze unmissverständlich verurteilt.“ Spitz fügt sie hinzu: „Wir widersetzen uns jeder antidemokratischen Tendenz mit einer Entschlossenheit, die man in der italienischen und europäischen Linken nicht immer findet.“ Dem britischen „Spectator“ sagte sie: „Ich stehe zu dem, was ich denke. Wenn ich Faschistin wäre, würde ich das sagen. Aber ich bin keine Faschistin.“

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