Gastbeitrag

Große Pflichten auch für kleine Unternehmen

Beim Einsatz von Tankkarten für Lkw kam es zu Manipulationen.
Beim Einsatz von Tankkarten für Lkw kam es zu Manipulationen. [ Feature: Getty Images/Photoalto/James Hardy ]
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Die Pflicht, Compliance-Management-Systeme einzurichten, trifft nach neuer deutscher Rechtsprechung nicht nur Geschäftsführer größerer Konzerne. Das dürfte auch für kleine und mittlere Unternehmen in Österreich Folgen haben.

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Wien. Ein vor Kurzem veröffentlichtes Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg (12 U 1520/19) verschärft die Sorgfaltspflicht von Geschäftsführern bei der Überwachung ihrer Mitarbeiter. Laut Gericht besteht nämlich die Pflicht, ein Compliance-Management-System (CMS) einzurichten, unabhängig von der Rechtsform und Größe des Unternehmens.

Dass zu den gesetzlichen Pflichten des Geschäftsführers das Überwachen der rechtmäßigen Tätigkeit der Mitarbeiter und das Verhindern von Gesetzesverstößen gehört (Legalitätspflicht), ist nicht neu. So hat der OGH schon 2020 festgehalten, dass Geschäftsführer interne Kontrollsysteme einrichten und diese regelmäßig evaluieren müssen (9 ObA 136/19v). Allerdings waren Compliance-Management-Systeme bislang nur für größere Gesellschaften ein Thema. Dies ändert sich durch die aktuelle Entscheidung, wonach selbst in Unternehmen mit bloß 13 Mitarbeitern ein Compliance-Management-System einzurichten ist.


Es ging um eine deutsche GmbH & Co. KG, die mehrere Tankstellen für Lkw betrieb. Bei diesen Tankstellen konnten Lkw-Fahrer mit Tankkarten bargeldlos bezahlen, wofür den Kunden ein unbesicherter Kreditrahmen bis 25.000 Euro eingeräumt wurde.

Einige Kunden tankten aber deutlich mehr. Ein Mitarbeiter der Klägerin hatte nämlich bewusst Tankkarten dieser Kunden anderen Unternehmen zugeordnet, deren Kreditlimit noch nicht erschöpft war. Um nicht aufzufliegen, fing er dafür die von der Buchhaltung ausgestellten Rechnungen vor dem Versand ab und adressierte sie an die eigentlichen Abnehmer um. Sofern es trotzdem Beschwerden gab, zog er diese an sich, um so das Beschwerdemanagement zu umgehen.

Erst als der Mitarbeiter auf Urlaub war, fielen seine Manipulationen auf – er wurde entlassen. Wegen der Insolvenz mehrerer involvierter Kunden entstand dem Unternehmen aber ein Forderungsausfall von über 800.000 Euro.

Die Gesellschaft klagte den Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH auf Schadenersatz und stützte sich dabei auf die Geschäftsführerhaftung: Der Geschäftsführer habe es unterlassen, ein Compliance-Management-System einzurichten und den Mitarbeiter ausreichend zu überwachen. Obwohl es ein paar Jahre davor ebenfalls schon zu Schäden durch Tankkarten gekommen sei, habe es der Geschäftsführer komplett verabsäumt, Maßnahmen zur Verhinderung des betrügerischen Verhaltens zu setzen.

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