In Ulrich Seidls neuem Film, „Sparta“, spielt Georg Friedrich einen Mann, der in Rumänien mit seiner pädophilen Neigung ringt.
Premiere

Was man in Seidls „Sparta“ (nicht) sehen kann

Vorwürfe zum Dreh von Ulrich Seidls neuem Film schüren heftige Debatten. Nun wurde er in Spanien gezeigt – ohne den Regisseur. Missbrauch kommt nicht vor, dafür starke, verstörende Bilder. Fragen zur Produktion bleiben offen.

Es passiert nicht oft, dass ein Text in der Festivalzeitung des Filmfests von San Sebastián in drei Sprachen zugleich erscheint. Doch Sonntagmorgen war dort an prominenter Stelle eine Erklärung zu lesen, auf Englisch, Spanisch und Baskisch. Sie stammt von Ulrich Seidl, am Tag der Weltpremiere seines neuen Films „Sparta“, der nach im „Spiegel“ erhobenen Vorwürfen zu dessen Dreharbeiten – Eltern seien über sexuelle Inhalte im Unklaren gelassen, das Wohlbefinden der Kinderdarsteller vernachlässigt worden – stetig für Schlagzeilen sorgt.

Der Regisseur teilt in besagtem Statement mit, er sei Festivalleiter José Luis Rebordinos dankbar, dass dieser trotz des medialen Drucks von Anfang an zu „Sparta“ gestanden sei. Er selbst habe sich entschieden, der Premiere fernzubleiben, um sie nicht mit seiner Anwesenheit zu „überschatten“ – und um den Film für sich selbst sprechen zu lassen.

Bereits am Tag zuvor war die angekündigte Pressekonferenz zum Film still und leise aus dem Programm genommen worden. Nach Seidls endgültiger Absage teilte das Festival knapp mit, es akzeptiere seine Entscheidung, dem Festival fernzubleiben. Sein Film solle aber wie geplant im Wettbewerb laufen – und nicht kurzfristig aus dem Programm entfernt werden wie in der Woche zuvor beim Filmfest Toronto.

Am Sonntagmorgen war es dann tatsächlich so weit. Nach zwei Wochen der medialen Debatte über einen Film, den noch niemand gesehen hatte, wurde er zum ersten Mal öffentlich gezeigt – erst der Presse, abends als Galapremiere. „Sparta“, gedreht in Rumänien, handelt von Ewald (gespielt von Georg Friedrich), dem Bruder der Hauptfigur aus Seidls letztem Film „Rimini“ – die Figur war dort schon in einzelnen Szenen zu sehen. Im Fokus steht eingangs seine Beziehung mit einer jungen Frau in Rumänien, die sich offensichtlich mehr erwartet.

Ewald ist verschlossen, einen Besuch bei der Schwiegermutter lässt er ebenso über sich ergehen wie den Moment, als seine Freundin in einem Geschäft Brautkleider anprobiert. Auch im Bett klappt es nicht. Die Andeutungen, dass etwas nicht stimmt, sind zunächst subtil, ein Blick oder eine Geste genügen. Dann packt Ewald die Koffer, unter dem Vorwand, seinen demenzkranken Vater in Österreich zu besuchen.

Stattdessen findet er nach langer Suche in einem anderen rumänischen Ort ein verfallenes Schulgebäude, hängt Zettel für kostenlose Judokurse auf. Und klopft bei armen Familien im Dorf an, auf der Suche nach jungen Buben. Die meisten Eltern überlassen ihm, scheinbar recht gleichgültig, ihre Kinder. In langen Szenen bringen Ewald und ein halbes Dutzend Buben das marode Haus auf Vordermann, bauen einen hohen Holzzaun um das Gelände. Das „Sparta“-Camp wird zum Fort ohne Einsicht von außen.

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