Forschung

Sie bringt die Natur in das Bauwesen

(c) TU Wien
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Begrünte Wände, Schafwolle, Lehm – die Ideen für ökologisches Bauen gehen Azra Korjenic an der TU Wien nie aus. Ihr Wissen setzt sie gern mit Jugendlichen um.

„Ich wusste schon als Kind, dass ich einen Beruf wähle, in dem ich unsere Umwelt und das Leben der Menschen verbessern kann“, sagt Azra Korjenic. Sie wurde in Bosnien geboren und war eine der ersten zwei Frauen, die 2018 zu ordentlichen Professorinnen an der Fakultät für Bauwesen der TU Wien berufen wurden. Als sie in den 1990ern als Flüchtling nach Wien kam, hatte Korjenic den Abschluss der Universität Sarajewo in der Tasche und startete hier mit der Gestaltung und Optimierung der gebauten Umwelt. Nach einigen Jahren in einem Planungsbüro im Tiefbauwesen reizte sie die universitäre Forschung wieder.

In der Dissertation und Habilitation an der TU Wien befasste sie sich mit Neubau und Sanierung, heute leitet Korjenic den Forschungsbereich Ökologische Bautechnologien. Betritt man ihr Büro, duftet es nach Pflanzen, viel Grün erfreut das Auge: Die Begrünungssysteme wurden von ihrem Team entwickelt. „Ich forsche immer an Sachen, die man angreifen und sehen kann. Wissenschaft und Nachhaltigkeit sind für mich als Gesamtheit zu betrachten. Das geht nicht, wenn man allein im Kammerl sitzt.“ Unter dem Begriff „Nachhaltigkeit“ versteht Korjenic nicht nur den Ökoaspekt, sondern auch die Bildung der jungen Generation.

„In meinen Vorlesungen kommt all das Wissen, das wir erforschen, sofort zu den Studierenden. Und ich spreche seit vielen Jahren Schulen für unsere Projekte an“, so Korjenic. Die erste Schule war im siebenten Wiener Bezirk in der Kandlgasse: „Dort gab es kaum Natur, sondern viel Beton. Die Schwerpunkte der Schule sind aber Biologie und Nachhaltigkeit: Da passte unser Projekt zur Entwicklung von Begrünungssystemen gut.“ Die Begeisterung der Jugendlichen freut Korjenic von tiefstem Herzen, und die Forschungsfragen gehen nie aus: Wie viel Strom kann man mit Fotovoltaik und Begrünung gewinnen? Welche Systeme sind optimal an Fassaden, welche im Innenraum, im Neubau oder Altbau? Wie beeinflussen Grünwände die Dämmung und Luftreinigung? Weitere Schulen folgten, und Korjenic ist stolz auf die Erfolge mit Mooswänden, Kletterpflanzen & Co. – die Bauanleitungen stehen kostenlos im Internet.

Schon als Kind den Estrich verlegt

„Uns ist auch die ältere Generation wichtig: In Projekten mit Pflegeheimen richten wir die Begrünung so ein, dass auch bettlägrige Menschen beim Blick aus dem Fenster die Jahreszeiten erkennen oder Personen im Rollstuhl an Pflanzen riechen oder etwas pflücken können.“ Der Beruf als Bauphysikerin vereint Studium und Handwerk: „Ich habe schon als Kind den Estrich am liebsten selbst verlegt“, sagt Korjenic lachend.

Bei Reisen durch die Welt scherzen die zwei Söhne, dass Korjenic an der Berufskrankheit leidet, stets Baufehler zu kommentieren. Doch auch das Gute sticht ihr ins Auge, wenn sie durch Städte spaziert. Vor allem, wenn es um die Nutzung von Naturstoffen (Lehm, Stroh, Hanf, Schafwolle etc.) geht. Das sind ihre großen Steckenpferde an der TU und in der Partnerschaft mit Firmen: Ökologisierung des Bauwesens und Stärkung der heimischen Bauwirtschaft.

Das Voting für „Österreicher:innen des Jahres“ finden Sie unter: www.diepresse.com/austria22

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