EU-Mittel

Kritik aus Italien: EU-Kommission treibe "Orbán in die Hände von Putin"

Nach der polnischen Regierung stellt sich auch Italiens ultrarechte Partei Fratelli d'Italia im Streit um das Zurückhalten von EU-Geldern hinter Orbán.

Gegen die geplante Kürzung milliardenschwerer EU-Mittel für Ungarn regt sich Widerstand. Nach der polnischen Regierung stellten sich am Montag auch die italienischen Ultrarechten hinter den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Die EU-Kommission treibe "Orbán in die Arme (des russischen Präsidenten Wladimir) Putin", kritisierte die Chefin der postfaschistischen Rechtsaußen-Partei Fratelli d'Italia, Giorgia Meloni.

Meloni könnte laut Umfragen nach der Parlamentswahl am Sonntag neue italienische Regierungschefin werden. Sie sagte der Zeitung "Il Giornale" (Montagausgabe), Brüssel spalte die 27 Mitgliedstaaten und nutze "die Rechtsstaatsfrage als ideologische Waffe, um diejenigen zu treffen, die nicht auf Linie sind". Die EU-Kommission hatte am Sonntag vorgeschlagen, 7,5 Milliarden Euro an Fördergeldern für Ungarn zu kürzen. Sie wirft dem Land Korruption und andere schwerwiegende Grundrechtsverstöße vor.

15 EU-Staaten müssen dafür stimmen

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kündigte daraufhin an, sein Land werde sich der Mittelkürzung für Ungarn "mit aller Kraft" entgegenstellen. Die Kommission will Ungarn 65 Prozent der Gelder aus den sogenannten Kohäsionsfonds kürzen, die zur Entwicklung benachteiligter Regionen dienen. Ob die 7,5 Milliarden tatsächlich gestrichen werden, ist aber Sache der Mitgliedstaaten. Für einen Beschluss ist eine qualifizierte Mehrheit nötig: mindestens 15 EU-Staaten, die 65 Prozent der europäischen Bevölkerung vertreten.

Brüsseler Diplomaten warnen, dass sich dieses Quorum nach einem Rechtsruck in Italien womöglich nicht mehr erreichen lässt. Aus dem Europaparlament gibt es deshalb Kritik, dass die EU-Kommission mit der Empfehlung zu Ungarn zu lange gewartet habe. Der Europaabgeordnete Daniel Freund (Grüne) rief die EU im Deutschlandfunk auf, vorerst alle Fördermittel für Ungarn einzufrieren, bis Orbán rechtsstaatliche Reformen umgesetzt habe.

Abstimmung wohl frühestens im November

Ob es zu einem schnellen Votum der EU-Staaten über die 7,5 Milliarden Euro kommt, ist ungewiss. Zwar tagen an diesem Dienstag in Brüssel die für Rechtsstaatlichkeit zuständigen Europaminister, Ungarn steht aber nicht auf der Tagesordnung.

Dem Vernehmen nach könnte die Abstimmung im Ministerrat erst im November oder sogar erst Mitte Dezember stattfinden. Die Kommission hatte am Sonntag darauf verwiesen, dass Ungarn bis zum 19. November "Maßnahmen zur Behebung der Situation" umsetzen will. Budapest plant unter anderem eine Anti-Korruptionsbehörde.

(APA/AFP)

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