Investmentmarkt

„Das Thema ist jetzt die Preisbildung“

(c) Die Presse/Clemens Fabry (Clemens Fabry)
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Den aktuellen geopolitischen Einflüssen kann sich auch der heimische Immobilienmarkt nicht entziehen. Zwar wurden die Prognosen angepasst, dennoch bleibt er lebendig und stabil.

Die Player am Immobilieninvestmentmarkt haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren tatsächlich einiges durchgemacht, meint Franz Pöltl, Geschäftsführender Gesellschafter EHL Investment: „Beginnend mit der Pandemie, den Reisebeschränkungen, Verzögerungen bei Genehmigungen und Bauprozessen und den stetig steigenden Bau- und Grundstückskosten.“

Ende des letzten Jahres kam dann noch der Anstieg der Inflation dazu auf ein Niveau, wie wir es seit der Ölkrise in den 1970er-Jahren nicht mehr gesehen haben. Und in der gleichen Tonart dürfte es weitergehen. Die aktuellen geopolitischen Veränderungen und die damit einhergehenden Herausforderungen, wie steigende Energiekosten, Lieferengpässe und hohe Inflation beeinflussen die Märkte. Auch Österreich kann sich dem nicht entziehen, meint Andreas Ridder, Managing Director CBRE Österreich & CEE: „Aber Österreich ist im Vergleich zu anderen Märkten nach wie vor ein sicherer und stabiler Hafen für Investoren.“

„Die erste Jahreshälfte war von einer sehr guten Nachfrage geprägt“, stellt Markus Arnold, Eigentümer von Arnold Immobilien fest und erwartet, dass sich diese Entwicklung auch im zweiten Halbjahr fortsetzt – „vorbehaltlich natürlich etwaiger Veränderungen, die sich zum Beispiel aufgrund der Ukraine-Krise ergeben“. Die aktuellen Unsicherheiten haben auf jeden Fall Auswirkungen auf das Käuferverhalten. Die Liegenschaften werden noch intensiver geprüft, was die Dauer der Abwicklung der Immobilientransaktionen teilweise deutlich verlängern kann.

Käuferverhalten

  • Die Investoren sind derzeit vorsichtig und warten ab, wie sich die Situation auf Preise und Renditen entwickelt. Vor allem deutsche Investmentmanager agieren zurückhaltender.
  • Im Bereich Gewerbe herrscht generell bei allen Assetklassen eine gute Nachfrage, wobei Logistik und Hospitality derzeit favorisiert werden.
  • Liegenschaften werden noch intensiver geprüft, was die Dauer der Abwicklung der Deals deutlich verlängert.
  • Die Zurückhaltung der Banken macht es für Investoren schwieriger, Finanzierungen aufzustellen.

„Der Markt ist lebendig, aber er wird realistisch eingeschätzt“, sagt Christoph Lukaschek, Abteilungsleiter Investment bei Otto Immobilien. „Das Thema ist derzeit die Preisfindung.“ Obwohl ausreichend für Immobilien gewidmetes Kapital am Markt sei, hätten viele Investoren beschlossen, den Druck aus den laufenden Investmentprozessen herauszunehmen und abzuwarten, „wie sich die Situation auf Preise und Renditen entwickelt und wo sich das neue Gleichgewicht bildet“, erklärt Pöltl. Wobei Lukaschek feststellt, dass die deutschen Transaktionsmanager derzeit vorsichtiger seien als die Österreicher: „Je flexibler die Investoren derzeit sind, und das sind zumeist die Österreicher, desto leichter können sie sich auf dem Markt platzieren.“

Hospitality überraschend stark

Gefragt seien derzeit alle Segmente, stellt Arnold fest. Im Fokus stünden unter anderem Handelsimmobilien in guten Lagen, wie zum Beispiel stabile Fachmarktzentren in ländlichen Regionen. Auch bei Logistikimmobilien gibt es aufgrund des steigenden Onlinehandels einen deutlichen Nachfrageüberhang. „Überraschend stark performt derzeit auch Hospitality“, berichtet Arnold weiter. Aktuell liegen die Spitzenrenditen für Hotels mit Pachtvertrag bei 4,3 Prozent und für Hotels mit Managementvertrag sogar bei fünf Prozent. Erstmals seit Pandemiebeginn ist auch die Stadthotellerie wieder deutlich gefragter, allen voran in Wien. Lukas Hochedlinger, Managing Director Central & Northern Europe bei Christie & Co stellt allerdings fest: „Obwohl sich die Märkte signifikant erholt haben, ist nun doch eine gewisse Zurückhaltung der Banken spürbar.“ Erhöhte Eigenkapitalquoten und steigende Zinssätze würden es Investoren zunehmend schwerer machen, Finanzierungen aufzustellen, weshalb vermehrt reine Eigenkapitaltransaktionen beobachtet würden, erläutert Arnold: „Darauf setzen vor allem Family Offices und Privatstiftungen, die aufgrund der Wertbeständigkeit immer häufiger auf diese Assetklasse setzen.“

Off-Market-Deals: Logistik und Wohnen

Bei den – immer wichtiger werdenden – Off-Market-Deals stellt sich die Situation ähnlich dar, bestätigt Anton Cermak, Geschäftsführer von Beacon Invest: „Aufgrund der aktuellen Unsicherheiten – nicht nur aufgrund der Baukostenentwicklung und der Inflation, sondern auch der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – überwiegt momentan das Abwarten.“ Wenn investiert wird, würden Logistik und Wohnen ganz oben auf der Liste stehen. „Auch buy/built & hold ist stärker gefragt als ,Abverkaufsprojekte‘. Im Vorteil sind natürlich kapitalstarke Entwickler, da sie schneller agieren können und bei den Banken keine Probleme haben“, so der Geschäftsführer von Beacon Invest.
„Wir gehen davon aus, dass der Inflationsschutz der an den Verbraucherpreisindex gebundenen Mieten von Immobilien den Zinseffekt zumindest wettmacht, sodass sich gute Produkte auch zukünftig zu guten Preisen verkaufen lassen und wir gegen Jahresende wie üblich wieder steigende Aktivität im Investmentmarkt verzeichnen werden“, wagt Pöltl einen Blick in die Zukunft.

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