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Branchengespräch

Alles eine Frage der Definition

Peter Czapek, CEO Bank Austria Real Invest, Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin von Heimat Österreich – Zweigniederlassung NÖ/Wien und Hannes Speiser, Prokurist des Immobilienentwicklers Winegg diskutierten zum Thema Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche.
Peter Czapek, CEO Bank Austria Real Invest, Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin von Heimat Österreich – Zweigniederlassung NÖ/Wien und Hannes Speiser, Prokurist des Immobilienentwicklers Winegg diskutierten zum Thema Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche.(c) Günther Peroutka
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Diskussion. ESG, als Begriff für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, wird in der Immobilienbranche intensiv diskutiert, herrschen doch vor allem bei der Umsetzung der Nachhaltigkeit noch viele Unklarheiten. Eine Diskussionsrunde zur Einschätzung der Lage und der damit verbundenen Herausforderungen.

Als einer der größten Verursacher von Treibhausgasen in der Europäischen Union steht die Immobilienwirtschaft infolge gesellschaftlicher Erwartungen und gesetzlicher Regularien vor herausfordernden Zeiten. Der Fokus liegt vor allem auf dem Bereich Umwelt, gilt es doch, dem Ziel der CO2-Senkung und dem damit verbundenen Klimaschutz näher zu kommen. „Die Presse“ ging gemeinsam mit Kooperationspartnern in einem Branchentalk den Anforderungen der EU-Taxonomie und den möglichen Lösungen zum Klimaschutz für Immobilien nach. An der Diskussion beteiligt waren Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin von Heimat Österreich - Zweigniederlassung NÖ/Wien, Peter Czapek, CEO Bank Austria Real Invest, sowie Hannes Speiser, Prokurist des Immobilienentwicklers Winegg.

Klare Definition fehlt

Dürren, Waldbrände, Überflutungen und schmelzende Gletscher haben Europa wachgerüttelt und Nachhaltigkeit zum Top-Thema des 21. Jahrhunderts gemacht. Immobilien stehen aufgrund ihres hohen Energieverbrauchs und ihrer starken Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen besonders im Fokus der Klimaschutzziele. Gebäude energieeffizienter auszustatten, zählt daher zu den wichtigsten Vorhaben, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und ökologische, ökonomische und soziale Herausforderungen anzugehen. Die Erfüllung der ESG-Kriterien spielt bereits eine zentrale Rolle bei der Immobilienbewertung und beeinflusst am Markt sowohl die Nachfrage als auch die Finanzierung maßgeblich. Liegt die grüne Zukunft lediglich im modernen Neubau?
„Um Vergleiche zum Bestand anstellen zu können, sollten wir zunächst den Begriff Nachhaltigkeit definieren“, konstatierte Sandra Bauernfeind. Gerade bei ESG gehe es schließlich um mehr als nur die Umweltthematik. „So ist es bei Neubauten nicht nur wesentlich, welche Art der Energieversorgung eingebaut wurde, sondern auch, welche Materialien insgesamt verwendet wurden, um wirklich nachhaltig zu sein.“

Für Peter Czapek ist der Begriff der Nachhaltigkeit zwar allgegenwärtig, doch schwer greifbar. „Es gibt keine klare Definition“, so der CEO der Bank Austria Real Invest. Nachhaltig wäre schließlich auch ein Gebäude, das bereits seit 150 Jahren stehe und noch immer seine Funktion erfülle. „Andererseits gibt es Gebäude, bei denen es sich nicht voraussagen lässt, ob sie in 150 Jahren noch existieren. Wir orientieren uns daher an der Taxonomie-Verordnung, die das Thema Nachhaltigkeit strukturiert und greifbarer macht.“ Wesentlicher Punkt sei es schließlich, den Energieverbrauch insgesamt zu senken. Natürlich ließe sich dies bei einem Neubau entsprechend der aktuellen Normen wesentlich leichter umsetzen.

„Allerdings gilt hier immer der Status quo, der sich im Laufe der Zeit aufgrund von Anpassungen auch wieder ändern kann. Wir befinden uns also in einem laufenden Prozess.“ Als größter Immobilienfondsanbieter liege die Herausforderung darin, Anlegern Immobilien anbieten zu können, die nachhaltige Erträge bringen. „Hier müssen wir grundsätzlich zwischen Neubau und Bestandsimmobilien unterscheiden. Beim Neubau sind wir seit drei Jahren vollkommen auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Beim Bestand erfüllt ein hoher Anteil die Taxonomiekriterien, wenn auch nicht zu 100 Prozent. Wir haben allerdings das Ziel, unseren Fonds zu einen grünen Fonds gemäß Artikel 8 der Offenlegungsverordnung zu machen.“

Nachhaltigkeit ist angesagt

Nachhaltigkeit ist also in aller Munde und wird von Anlegern und Kunden zunehmend auch gefordert. „Die Wichtigkeit des Themas Nachhaltigkeit scheint meiner Ansicht nach bei Investoren stärker im Fokus zu sein als bei Nutzern, die den Begriff eher mit niedrigeren Heiz- und Energiekosten gleichsetzen“, bemerkte Bauernfeind. Bei Winegg sei die Nachfrage nach nachhaltigen Wohnprojekten durchaus sehr hoch, erzählte Hannes Speiser. „Vielleicht auch, weil Nachhaltigkeit gerade sehr in ist.“ Er gab zu bedenken, dass Nachhaltigkeit kein kurzfristiger Trend sei. Umso wichtiger sei es daher, den Kunden über die Nachhaltigkeitsanforderungen aufzuklären. „Als Projektentwickler haben wir uns bereits seit Längerem dem Prozess der Transparenz gestellt, um den Wandel in der Immobilienentwicklung zu unterstützen und aktiv mitzugestalten“, sagte Speiser. „Daher bestärken uns die neuen Regularien in unserer bisherigen Vorgehensweise.“

Kostensteigerung

Die Nachhaltigkeitskriterien beim Neubau zu erfüllen, sei nicht die Herausforderung. „Der wirkliche Hebel zur Nachhaltigkeit liegt in den Energie-Effizienzmaßnahmen bei Bestandsbauten“, konstatierte Czapek. Ein wesentlicher Aspekt der Umsetzung von Taxonomiekriterien wäre dabei die Finanzierung. „Es ist zu erwarten, dass die Kosten besonders bei älteren Gebäuden aufgrund der Anpassung massiv ansteigen werden“, gab er zu bedenken. „Als Treuhänder ist das ein wesentlicher Faktor.“ Immobilien-Transaktionen seien langfristige Investments, ein kurzfristiges Umschichten des Bestands in nachhaltigere Objekte daher für einen Immobilienfonds kaum möglich.

„Dennoch sind nachhaltig entwickelte Objekte für Investoren attraktiver“, bemerkte Speiser. „Unserer Erfahrung nach möchten die meisten Investoren damit ihr Portfolio ergänzen.“ Wie groß allerdings der Vorteil sein werde, sei durch den Umbruch und die Erhöhung der Zinsen geprägt und könne erst später bewertet werden.

Fehlende Daten

Die Diskussion zeigte, wie schwierig es ist, eine allgemein verbindliche Strategie auf die Umsetzung der ESG-Kriterien zu finden. Marktteilnehmer müssen sich dennoch mit der Thematik befassen, bemerkte Czapek. „In Summe ist die Umsetzung der Taxonomiekriterien schließlich ein höchst aufwändiger Prozess und bedeutet eine enorme Herausforderung für die Immobilienbranche.“ Hier ginge es – wie Bauernfeind bereits anfangs erwähnte – auch um die Dokumentation, woher bei Neubauten beispielsweise das Baumaterial stamme oder wie bei Sanierungen von Altbeständen abgetragenes Baumaterial entsorgt wurde.
„Ein weiteres Problem ist die Messbarkeit“, ergänzte Bauernfeind. Der tatsächliche CO2-Emissionswert einer Immobilie könne noch gar nicht berücksichtigt werden, da es hier an Daten fehle. Aufgrund des ungebrochenen Baubooms wird Beton zudem zunehmend zum knappen Gut. „Natürlich gibt es Alternativen wie Holz“, warf Bauernfeind ein. „Auf Beton, Stahl und Zement kann man dennoch aufgrund der Statik nicht verzichten.“ Die Produktion und Gewinnung von erneuerbaren Rohstoffen ist wiederum mit hohem Energieeinsatz verbunden – was der Nachhaltigkeit schade. Oftmals werden ganze Flächen umgewandelt und Ökosysteme zerstört, um neue Produktionsareale zu gewinnen.

Czapek untermauerte: „Dadurch zeichnet sich noch eine weitere Problematik ab, denn der ökologische Fußabdruck einer Immobilie lässt sich aufgrund der Komplexität weder messen noch vergleichen. Wir befinden uns hier noch ganz am Anfang der Nachhaltigkeitsthematik.“ Zudem bräuchte es eine stetige Anpassung an die gegebenen Umstände. „Es gibt eben keine nachhaltige Patentanleitung für alle Immobilien“, sagte Bauernfeind. „Wir müssen beim Bestand jedes Gebäude genau untersuchen und diese schrittweise mit modernen Heizsystemen, Abwasserrückgewinnungssystem und nachhaltigen Techniken ausstatten.“ Natürlich sei die regionale Beschaffung der notwendigen Baumaterialien auch in seinem Unternehmen ein wesentlicher Punkt ergänzt Speiser: „Unternehmen ohne umfassende Nachhaltigkeitsstrategie werden nicht bestehen können. Bei Neubauten ist das Dokumentieren des gesamten Lebenszyklus – von der Entwicklung bis zur Übergabe – ein wichtiger Aspekt.“

Information

Die Artikel beruhen auf einer Medienkooperation mit der „Presse“ und sind mit finanzieller Unterstützung von Heimat Österreich gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft m.b.H., Bank Austria Real Invest Client Investment GmbH und Winegg Realitäten entstanden.

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