Start-ups

Gefahren kennen, bevor es das Medikament gibt

(c) Barbara Mair
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Phenaris, ein Spin-off der Universität Wien, entwickelte eine Software, mit der sich Neben- und Wechselwirkungen von Arzneimitteln vorhersagen lassen.

Auf dem Laufenden war Gerhard Ecker immer schon. Im sportlichen Sinn, wie auch im auf die Wissenschaft übertragenen. Beim Laufen kam dem Professor für Pharmakoinformatik an der Universität Wien dann auch die Idee, ein eigenes Unternehmen auf die Beine zu stellen. Von seinem Plan, eine Software herzustellen, mit deren Hilfe anhand von großen Datenmengen aus der Forschung Neben- und Wechselwirkungen von neuen Arzneimitteln vorhergesagt werden können, waren die späteren Mitgründer, Anika Dangl, Melanie Grandits, Johanna Lawrence und Florian Ecker, rasch überzeugt.

Ecker, das Mastermind des Start-ups, hatte schon damals ein klares Ziel vor Augen: „Wir wollen, dass die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung in die Praxis einfließen.“ Also wagten sich er und sein Team über eine Ausgründung aus der universitären Arbeitsgruppe (die Universität Wien erhält Royalties) und den Einstieg in die Gründerszene, was „sehr lehrreich war“, wie Ecker rückblickend sagt. So brachten sie ihr Start-up Phenaris zum Laufen. Im Jahr 2018 war das.

Zeit, Geld und Versuchstiere sparen

Bedarf nach ihrer Software „ToxPhacts“ gibt es genug: Denn die Entwicklung eines neuen Arzneimittels dauert üblicherweise mindestens zehn Jahre, die Kosten belaufen sich auf rund zwei Milliarden Euro – und das bei einer Erfolgsquote von weniger als fünf Prozent. Die Hauptgründe für Misserfolge sind mangelnde Wirksamkeit und unvorhergesehene Toxizität.

Denn meist mussten die Pharmakologen die Literatur und verfügbare Datenbanken händisch durchforsten, um auf gefährliche Neben- und Wechselwirkungen zu stoßen.

Was gar nicht so einfach ist. Denn, sagt Ecker, „in der Literatur werden die Erfolge publiziert.“ Aber nicht jene „gescheiterten Ansätze“, aus denen sich aber hinsichtlich der Toxizität jede Menge für andere Forschungsprojekte lernen ließe.

Im Gegensatz dazu verwendet „ToxPhacts“ erstens softwaregestützte Methoden der Ähnlichkeitssuche, wie etwa die bioisosterische Ähnlichkeit.
Zweitens ermöglicht es komplexe Abfragen über mehrere, semantisch integrierte Datenquellen. Mithilfe von Machine Learning wird das Instrument laufend wirkmächtiger. Verwendet werden dabei auch Daten von Pharmaunternehmen – ohne dass Dritte die Grunddaten der Konzerne einsehen können.

Und drittens bietet die Software Visualisierungswerkzeuge für eine schnelle und einfache Analyse der Read-across-Suchergebnisse. Und das alles in Open-Access-Qualität, die Ecker ein Anliegen ist: „Ich möchte der Community etwas zurückgeben“, sagt er. Mit der Software helfen er und das Team, Zeit und Geld zu sparen und einer großen Zahl an Versuchstieren das Leben zu retten.

Etwas allerdings würde Ecker heute nicht mehr tun – und das empfiehlt er allen Entrepreneuren: gründen, bevor die erste Finanzierung steht.

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