153 Millionen Tonnen

EU verschwendet mehr Lebensmittel, als sie importiert

Altes Brot in einer Mülltonne vor einer Bäckerei in Antwerpen, Belgien.
Altes Brot in einer Mülltonne vor einer Bäckerei in Antwerpen, Belgien.imago images/isslerimages
  • Drucken

Ein neuer Bericht zeigt die Dimension der Lebensmittelverschwendung in Europa auf. 153 Millionen Tonnen Lebensmittel landen demnach jährlich im Müll – mehr, als importiert werden.

Immer noch werden genießbare Lebensmittel aufgrund rechtlicher Vorgaben entsorgt. Das daraus resultierende „dumpstern“, also das Holen jener Lebensmittel aus Mülltonnen von etwa Supermärkten, ist aus juristischer Sicht problematisch. In Österreich gilt dies gar als Diebstahl. Strafanzeigen gab es bereits, zu einer Verteilung kam es bis dato nicht. Auch wird innerhalb der EU immer noch einiges an gekrümmtem und unförmigem Gemüse aussortiert, statt verkauft. Mit dem tatsächlich Ausmaß der Verschwendung auf EU-Ebene hat sich nun ein Forschungsteam der Stiftung Feedback EU auseinandergesetzt.

Dem Bericht „No Time to Waste“ zufolge werden jährlich mehr Lebensmittel innerhalb der Europäischen Union weggeworfen als importiert. Die Schieflage hat wohl auch wirtschaftliche Folgen. So berichtet etwa die britische Zeitung „The Guardian“ im Zusammenhang der Untersuchung, dass die Preisinflation bei Lebensmitteln bei geringerer Vergeudung eingedämmt werden könnte.

Über 150 Millionen Tonnen

Schätzungen des Berichts zufolge importiert die EU im Jahr etwa 138 Millionen Tonnen agrarischer Erzeugnisse, im Wert von 150 Milliarden Euro, von Ländern außerhalb der eigenen Grenzen. Eine noch größere Menge - 153,5 Millionen Tonnen - wird aber demnach jährlich verschwendet. Besorgniserregend sei das insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich 33 Millionen Menschen innerhalb der EU keine hochwertige, gesunde Nahrung leisten können, liest es sich in dem Bericht. Vor allem Frauen und marginalisierte Gruppen seien betroffen.

Allein die Menge des in der EU verschwendeten Weizens entspricht etwa der Hälfte der ukrainischen Weizenexporte und einem Viertel der anderen Getreideexporte der EU, heißt es in der Studie weiter. Der Direktor der Stiftung, Frank Mechielsen, nennt die Ergebnisse gegenüber dem „Guardian“ einen Skandal. Es werden rechtsverbindliche Ziele gefordert, um die Lebensmittelverschwendung entlang der gesamten Kette bis 2030 zu halbieren. Damit soll die Ernährungssicherheit verbessert, und nicht zuletzt auch der Klimawandel bekämpft werden.

Nahrungsmittelkrise

Eine Reform des globalen Nahrungsmittelsystems müsse her. Spätestens nachdem der Klimawandel, die Pandemie und zuletzt der Krieg in der Ukraine dieses erschüttert haben. Erst am Dienstag warnte Deutschlands Kanzler Olaf Scholz auf einem Gipfel zur globalen Ernährungssicherheit in New York erneut vor einer Verschlimmerung der Ernährungskrise. „Wir müssen mit großer Dringlichkeit handeln, um den Anstieg der Ernährungsunsicherheit aufzuhalten“, sagte er am Rande der UNO-Vollversammlung. 

Im Bericht ist zudem von Auswirkungen auf das Klima die Rede. So machen Lebensmittelabfälle mindestens sechs Prozent der Gesamtemissionen der EU aus, und diese ist mit einer der größten Emissionserzeuger weltweit. Kosten würde die Vergeudung der EU Haushalte und Unternehmen zudem über 143 Milliarden Euro.

Großteil gar nicht erfasst

Basisdaten der EU für die Verschwendung von Lebensmitteln in landwirtschaftlichen Betrieben im Jahr 2020 gibt es bis dato keine. Die Untersuchung stützt sich daher auf Berechnungen des Lebensmittelverschwendungsindex des UN-Umweltprogramms und einer WWF-Metastudie, beide aus dem Jahr 2021. Der Bericht geht von einer mehrheitlichen Verschwendung in der Primärproduktion aus, dazu zählt die Erzeugung, Aufzucht und der Anbau von Gütern. Sie umfasst auch das Jagen und Fischen und das Ernten wildwachsender Erzeugnisse. Etwa 90 Millionen Tonnen an Lebensmittelabfällen schreibt er dieser zu - dreimal mehr als Haushaltsabfälle.

Der größte Teil der Abfälle wäre vermutlich erst gar nicht erfasst, denn meist würden Lebensmittel, die in den landwirtschaftlichen Betrieben nicht geerntet, nicht verwendet oder nicht verkauft werden, auch nicht berücksichtigt werden, liest es sich im „Guardian“. Die Verschwendung ist dem Forschungsteam zufolge jedenfalls in Ländern mit hohem Einkommen größer als in jenen mit kleinerem Einkommen.

(evdin )

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.