Rücktritt

Federers letzter Wunsch: Ein Doppel mit Nadal

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Der Schweizer gab vor seinem letzten Auftritt eine Pressekonferenz. Er will dem Tennis treu bleiben. "Ich werde kein Geist sein."

Ein Doppel im Laver Cup, dem von ihm miterfundenen Vergleich Europa gegen die Welt, wird den Schlusspunkt unter seine einzigartige Karriere setzen. Roger Federer stellte sich am Mittwoch in London nach seiner Rücktrittsankündigung über die Sozialen Netzwerke erstmals der Presse. Der gefasst wirkende 41-jährige Schweizer hat sich lange auf diesen Moment vorbereitet. Nun wünscht er sich am Freitag ein Abschieds-Doppel an der Seite von Rafael Nadal.

Federer steht im Team von Kapitän Björn Borg mit u.a. Novak Djokovic, Rafael Nadal und Andy Murray - die "big four" sind also ein erstes und zugleich letztes Mal wettkampfmäßig auf einem Court vereint. "Wir schätzen uns enorm, wir wissen, wir haben uns weitergebracht im Tennis und auch als Menschen. Das erste Mal gemeinsam im Team zu sein, wird sehr speziell sein", sagte Federer im Vorfeld.

Federer hatte seine Fans vergangene Woche mit einer langen Audio-Botschaft über seinen Rücktritt informiert. Auch Tage später sind die Huldigungen für einen der beliebtesten Sportler nicht ausgeklungen. "Erst wollte ich einen Brief schreiben und posten. Dann habe ich gemerkt, das ist ja ein Riesenbrief, viel zu lang, vielleicht können die Leute dann meine Schrift nicht lesen. Warum nicht eine Audiobotschaft? Jetzt bin ich sehr zufrieden. Insgesamt habe ich etwa 20 Versionen geschrieben, bin jedes Wort x mal durchgegangen", erzählte Federer. Und die Reaktionen? "Besonders gefreut haben mich vor allem die Reaktionen auf mich als Mensch, die nichts mit Rekorden zu tun haben."

Bereits im kleinen Kreis mit Schweizer Journalisten hatte Federer am Dienstag angekündigt, dass er dem Sport unbedingt erhalten bleiben will. "Ich finde es so schade, wenn ehemalige Topspieler aufhören und man sie nicht mehr sieht", betonte der Basler. "Jedem das Seine, aber das bin nicht ich. Ich habe diesen Sport so gerne, ich will ihm weiterhin nahe sein."

Am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in London präzisierte Federer diese Gedanken. "Ich werde kein Geist sein, das wollte ich die Fans wissen lassen. Björn Borg ist 25 Jahre lang nicht nach Wimbledon zurückgekehrt, das tut weh", sagte Federer, ohne den fünffachen Wimbledon-Champ dafür zu kritisieren. In welcher Funktion, ob als Coach, Kommentator oder Turnierdirektor, darüber hat sich der vierfache Familienvater noch keine Gedanken gemacht.

Team-Europa-Kapitän Björn Borg wird ihm diesen letzten Wunsch als aktiver Spieler wohl kaum verwehren und Federer gemeinsam mit Nadal im Doppel einlaufen lassen. "Das ist vielleicht eine der schönen Botschaften, die über den Sport hinausgeht: So lange wir gegeneinander auch gekämpft haben, wir haben großen Respekt füreinander, kommen wirklich gut miteinander aus und haben eine schöne Freundschaft entwickelt", sagte Federer über Rafael Nadal.

Abseits von seinen vielen Rekorden und unvergesslichen Momenten ist Federer vielleicht am meisten auf seine Langlebigkeit stolz, meinte er am Mittwoch. "Früher war ich bekannt dafür, dass ich nicht so konstant gespielt habe. Und dann wurde aus mir einer der konstantesten Spieler überhaupt. Ich habe es wirklich genossen, dass ich so lange an der Spitze bleiben konnte." Er habe über 15 Jahre lang vor jedem Turnier sagen können, dass er hoffe, dieses zu gewinnen.

Die Diskussion um den "Größten aller Zeiten" in diesem Sport wird wohl auch nach Federers Rücktritt nicht enden. Dass er mit 20 Majors nun hinter Nadal (22) und Djokovic (21) aufhört, scheint Federer aber nicht zu kümmern. "Ich bin sehr stolz, wo ich stehe." Er selbst habe erst über die Grand-Slam-Rekorde nachgedacht, als er damals in die Nähe von Pete Sampras (14 Major-Titel) gekommen sei. "Ich habe den 15. Slam in Wimbledon gewonnen, als Pete dort gesessen ist. Alles danach war ein Bonus. Ich bin glücklich, dass ich noch fünf weitere gewonnen habe und ich habe auch über 100 Titel gewonnen. Aber ich brauche nicht alles Rekorde, um glücklich zu sein."

Er werde viele Dinge auf der Tour vermissen, am meisten aber das Publikum. "Die Fans stehen im Zentrum von allen. Ohne Fans hätte ich 80 Prozent dieser Gefühle nicht gehabt."

Federer wusste schon einige Monate, dass er seine Karriere beenden wird. Doch es war auch noch eine Entscheidung, wann, wo und wie. "Wir sind alle erleichtert, dass es bekannt ist. Ich wünschte, ich hätte es früher sagen können." Dass nun London, wo er acht Wimbledon-Titel und zwei ATP-Finals gewonnen hat, der letzte Schauplatz wird, passt ihm gut. "Ich sitze mit Björn auf der Bank und ich bin danach auch nicht alleine nach meiner Ankündigung."

Das Tennis werde auch in Zukunft Superstars haben, einer davon sei die neue Nummer eins Carlos Alcaraz. "Es ist enttäuschend, dass ich nie gegen ihn spielen konnte." Das Tennis sei "athletischer als je zuvor". "Was immer gelten wird: die, die sich am besten auf dem Platz bewegen können, werden die besten Spieler sein."

Ob man als Tennis-Legende mit so vielen Erfolgen auch etwas bereuen könne? "Vielleicht, dass ich schon in jungen Jahren etwas professioneller hätte sein können. Aber vielleicht hätte ich dann auch mein Feuer viel früher verloren", weiß Federer.

Zumindest eine große Abschieds-Exhibition hat Federer auch noch geplant. Zu dieser sollen alle seine ehemaligen Coaches und weitere Freunde kommen. Da will er "Adieu und Danke sagen". Es ist dies aber nicht als Hintertürchen à la Serena Williams zu sehen. Für Federer gibt es aufgrund seines Alters und auch aufgrund seines mittlerweile drei Mal operierten rechten Knies keine Alternative. Was genau mit seinem Knie ist, will Federer gar nicht preisgeben. "Das ist Privatsache, manches weiß ich auch selber gar nicht genau", erklärte er. Zumindest behindert die Verletzung den Eidgenossen, der noch bis zum vergangenen Wimbledon-Turnier an ein Comeback geglaubt hatte, nicht im Alltag.

(APA/sda)

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