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Branchentalk

Die Rückbesinnung zum Bargeld

Im Branchengespräch diskutierte Eva Komarek (Styria Media Group) mit Gerhard Starsich, Generaldirektor der Münze Österreich (links), und Hans K. Reisch, Vorstandsdirektor und Finanzvorstand der SPAR Österreich (rechts), über die Liebe der Österreicherinnen und Österreicher zum Bargeld.
Im Branchengespräch diskutierte Eva Komarek (Styria Media Group) mit Gerhard Starsich, Generaldirektor der Münze Österreich (links), und Hans K. Reisch, Vorstandsdirektor und Finanzvorstand der SPAR Österreich (rechts), über die Liebe der Österreicherinnen und Österreicher zum Bargeld.Günther Peroutka
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Branchentalk. Die Vorteile sprechen gerade in Krisenzeiten dafür: Bargeld ist günstig, sicher, schnell, lehrreich, anonym und vor allem – mit zunehmender Blackoutgefahr wichtig – jederzeit verfügbar.

Die Presse und Münze Österreich luden zum Branchengespräch, um über das Bezahlverhalten der Österreicher zu sprechen. Wie steht es um die Liebe zum Bargeld – hat die Krise den Umgang mit den Zahlungsmitteln beeinflusst? Eva Komarek, General Editor for Trend Topics bei der Styria Media Group, moderierte die Diskussion zwischen Gerhard Starsich, Generaldirektor der Münze Österreich, und Hans K. Reisch, Vorstandsdirektor und Finanzvorstand der SPAR Österreich. Vorweg: Die beiden Experten waren sich in den meisten Punkten einig und meinten unisono: Bargeld wird es immer geben und bleibt ein wichtiges Zahlungsmittel. Die Voraussetzung dafür ist aber eine bestehende Infrastruktur für den Bargeldverkehr, denn bricht diese weg, stehen wir bald vor großen Problemen – in England teilweise schon Realität. Dort wurde die Infrastruktur für den Bargeldverkehr teilweise stark minimiert und stellt die Bürger vor schwierige Herausforderungen.

Kluge Argumente

Die bargeldfeindlichen Entwicklungen auf den britischen Inseln waren einer der Motivationsgründe für die Münze Österreich, die Initiative „Bares ist Wahres“ ins Leben zu rufen. „Es ist wichtig, dass die Bürger bei den Zahlungsmitteln die Wahlmöglichkeit haben und jeder auf seine bevorzugte Weise bezahlen kann“, sagte Starsich. SPAR unterstützt die Initiative. Für ein Handelsunternehmen kommt das Handling mit Bargeld insgesamt günstiger als digitale Zahlungsmethoden. Aber die Gebühren seien bei der Entscheidung nebensächlich, meinte Finanzvorstand Reisch. „Uns geht es vorrangig darum, unseren Kunden alle Zahlungsmöglichkeiten anzubieten.“ Bargeld werde in den SPAR-Märkten immer eine Option bleiben. Gute Gründe gibt es viele: „Einerseits zur Sicherstellung jederzeitiger Zahlungsfähigkeit, auch im Falle eines Blackouts, wenn Kartenzahlung und Bankomaten nicht mehr funktionieren. Man muss aber auch bedenken, dass nicht jeder Kunde ein Bankkonto besitzt oder über eine Bankomat- oder Kreditkarte verfügt“, so Reisch.

Ein weiteres Argument ist die Anonymität. SPAR ist bekannt für seine Firmenphilosophie, von seinen Kunden keine Daten zu beziehen. „Die meisten Kunden wollen nicht, dass Handelsketten persönliche Daten sammeln und diesen Wunsch akzeptieren wir“, begründete Reisch. „Die Vorteile, die man bei anderen Handelsketten über die Datensammlung zu bekommen glaubt, bekommt bei uns jeder Kunde, nicht nur der Karteninhaber.“ Über Scanning-Daten weiß SPAR ohnehin, welche Produkte sich gut und weniger gut verkaufen. Einziger Unterschied: Man kennt nicht spezifisch den Käufer. „Uns genügt zu wissen, was gekauft wird“, sprach sich Reisch gegen den gläsernen Menschen aus. Münze Österreich Chef Starsich begrüßt diesen Weg. „Ich empfehle jedem, George Orwells ‚1984‘ zu lesen, dann weiß man, wie negativ eine Datenüberwachung ist. Bargeld schützt die Privatsphäre.“

Eine Frage des Alters

SPAR installiert in seinen Geschäften immer mehr Self-Checkouts, an denen die Kunden den Bezahlvorgang selbst vornehmen können. Am Campus der WU Wien hat man in einem Pilotprojekt einen Self-Checkout installiert, der sich ausschließlich für unbare Bezahlung eignet. Von den Kunden wurde dieses System sehr gut angenommen, daher rollte SPAR den Self-Checkout ohne Bargeldoption auf 20 weitere Standorte aus – und dieses Projekt floppte. „In einem jungen, urbanen Umfeld findet die Bargeldlosigkeit ihr Ziel, aber im restlichen Gebiet ist es unerlässlich, auch Bargeldmodule zu installieren“, so das Fazit des SPAR-Finanzvorstands.

Aus diesem Grund bietet SPAR Self-Checkouts für Bargeld und Kartenzahlung an. „Denn der Self-Checkout an sich wird von allen Altersgruppen angenommen. Vor allem bei kleinen Einkäufen entscheiden sich unsere Kunden lieber für diese Variante der Einkaufsbezahlung, als sich an den langen Schlangen vor den Kassen anzustellen.“ Eine Analyse der Self-Checkouts ergibt, dass das Verhältnis von Barzahlung und Kartenzahlung nahezu 50:50 beträgt. Insgesamt kommt SPAR pro Jahr auf rund drei Milliarden Euro Bargeldbezahlungen in seinen Stores. In vielen Geschäften stehen Geldautomaten. „Nicht selten heben unsere Kunden vor dem Einkauf Bargeld ab, um dann bar an der Kassa zu bezahlen“, sagte Reisch.

Jetzt erst recht

Die Coronapandemie hat das Einkaufsverhalten verändert, aber auch die Verwendung von Bargeld und elektronischen Bezahlmöglichkeiten. Aus Angst vor Viren auf den Münzen und Geldscheinen wurde sogar die unbare Bezahlung propagandiert. „Völliger Unsinn“, empörte sich Starsich. „In Wien wurde kein einziges Coronavirus auf einem Geldschein oder einer Münze gefunden.“ Große Wirkung erzielte der Anti-Bargeld-Aufruf aber ohnehin nicht. SPAR verzeichnete rund zehn Prozent zugunsten der elektronischen Bezahlung in Pandemiezeiten. Mittlerweile wandelt sich das Blatt und die elektronische Bezahlung geht zurück. Als größte Gefahr wird derzeit ein Blackout eingeschätzt und es gibt Bestrebungen, Betriebe und Bevölkerung anzuhalten, die Bargeldreserven aufzustocken – die Faustformel lautet: Bargeld in der Höhe von mindestens zwei Tagesverbräuchen in kleinen Scheinen und Münzen.

Die Münze Österreich verzeichnete bereits in den letzten Jahren einen steigenden Münzumlauf. „Heuer geht dieser Anstieg aber deutlich schneller vonstatten als während der Pandemie“, sagte Starsich. Ein drohender, globaler Blackout und die gegenwärtigen wirtschaftspolitischen Entwicklungen lassen sogar Länder umdenken, in denen das Bargeld bereits ausgedient zu haben schien, wie etwa Schweden. Der Wunsch nach sicheren Zahlungsmitteln steigt. „Eine gute Bargeldinfrastruktur gehört zu den Grundvoraussetzungen für den Katastrophenschutz“, erklärte der Münze Österreich Chef, der die Rückbesinnung zum Bargeld mit Freude beobachtet.

INFORMATION

Das Branchengespräch beruht auf einer Medien-Kooperation mit der „Presse“ - mit finanzieller Unterstützung der Münze Österreich.

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