Parlamentsreportage

Nationalrat: Transparente, Teuerung und reichlich Tadel

Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger und FPÖ-Klubchef Herbert Kickl bei der ersten Sitzung nach der Sommerpause.
Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger und FPÖ-Klubchef Herbert Kickl bei der ersten Sitzung nach der Sommerpause.(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Die erste Sitzung nach der Sommerpause prägten emotionale Pensions- und Teuerungsdebatten. Die FPÖ ritt einmal mehr Frontalattacken, auch die SPÖ schoss sich auf die Koalition ein. Sechs Volksbegehren wurden debattiert.

„Endlich tut sich mal etwas“, lautete der Kommentar von der Besuchergalerie, als am Mittwoch die erste Nationalratssitzung nach der Sommerpause in der Wiener Hofburg vonstatten ging. Bezug nahm der offensichtlich belustigte Sitzungsbeobachter dabei allerdings auf eine Störaktion von Klimaaktivisten, die kurze Zeit nach Start ein Transparent über die Balustrade ausgebreitet hatten, Flyer auf die Abgeordneten niederregnen ließen und ein Lied anstimmten, dessen Text allerdings nicht verständlich war. Auf Nachfrage bei der Wiener Polizei hatte die Aktion für zumindest sechs der neun protestierenden Personen mit einer Anzeige wegen Ordnungsstörung ein weniger lustiges Nachspiel.

Inhaltlich startete das Hohe Haus in seiner ersten Sitzung seit Ende Juni mit einer Aktuellen Stunde der SPÖ, bei der Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) zum Thema „Rekordinflation“ und deren Auswirkungen auf die Pensionen Rede und Antwort stehen musste – inklusive harten Attacken von den Roten. „Frivol“ nannte Rauch die Aussagen einzelner SPÖ-Mandatare, wonach die Bundesregierung „gar nichts“ gegen die Teuerung unternehme. „In welcher Welt leben Sie?“, antwortete Rauch. Die Teuerungshilfen der türkis-grünen Bundesregierung – Klimabonus, Stromkostenbremse, Anti-Teuerungspakete, Abschaffung der kalten Progression – lobte er als „Soforthilfe, die wir uns nicht kleinreden lassen“.

SPÖ an Plakolm: „Geht's noch?“ 

Dass ausgerechnet Jugendstaatssekretärin Claudia Palkolm (ÖVP) zuletzt mit ihrer Forderung aufhorchen ließ, dass es keine Erhöhung der Pensionen benötige, quittierte Josef Muchitsch (SPÖ) mit einer zynischen Frage: „Geht's noch?“. ÖVP-Klubchef August Wöginger, im türkisen Klub für Soziales zuständig, warf der SPÖ wiederum vor, die „Menschen auf die Straßen zu zerren“ und „Politik ohne Hausverstand“ zu machen. Bezogen hat er sich dabei auf die österreichweiten ÖGB-Kundgebungen am Samstag, um im Rahmen der derzeit anlaufenden Herbst-Lohnrunden Stimmung gegen die Bundesregierung zu machen. Diese habe seit dem Frühjahr jedoch „Tausende Euro“ an Personen mit geringem Einkommen überwiesen, betonte Wöginger – Mindestpensionistinnen und -pensionisten bekämen gar zwei Monatsrenten.

Ein Gespräch von Rauch und Seniorenvertretern im Anschluss an die Debatte sollte jedoch wie jenes vor vier Wochen keine Einigung bringen. Rauch stellt eine gesetzliche Pensionsanpassung von 5,8 Prozent in Aussicht, wobei kleinere Pensionen einen noch höheren Leistungszuwachs erfahren sollten. Die Spitze des Seniorenrats aber will mehr. Rauch habe zwar Verständnis gezeigt, man liege aber noch „weit auseinander“, berichtete Seniorenrats-Präsident Peter Kostelka (SPÖ) anschließend. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hätte durchaus Bewegungsspielraum, sagte Präsidentin Ingrid Korosec (ÖVP) mit Verweis auf die höheren Steuereinnahmen.

Neos für Sanktionen trotz „Putinflation“

Auf die Pensionsdebatte folgte auf der Tagesordnung die Aktuelle Europastunde, in der die Russland-Sanktionen für erhitzte Gemüter sorgten. Diese sollen kommende Woche auch Thema einer Sondersitzung des Nationalrats auf Drängen der ÖVP sein – das will diese auf Anfrage aber nicht bestätigen.

Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) wurde am Mittwoch unterdessen alles andere als freundlich aus der Sommerpause im Hohen Haus willkommen geheißen. „Das entspricht nicht der Würde unseres Hauses“, lautete der wiederholte Versuch von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), die Störungen aus den blauen Reihen während Edtstadlers Rede zu unterbinden. Die FPÖ ließ sich von den Ordnungsrufen nicht beeindrucken und schoss lauthals weiter gegen Edtstadler, deren Stimme zuweilen von den Zwischenrufen fast gänzlich übertönt wurde.

Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger bot wiederum „konstruktive Mitarbeit“ bei der Bekämpfung der „Putinflation“ an. Ihr Stellvertreter, Nikolaus Scherak, betonte, dass die Sanktionen der „einzige Weg“ seien. Man müsse sie solange durchhalten, bis die russische Wirtschaft „darniederliegt“.

Sechs neue Volksbegehren standen im Anschluss auf der Tagesordnung. Die FPÖ empörte sich auch in diesem Kontext: In der laufenden Eintragungswoche für die sieben aktuellen Volksbegehren war es in einigen Gemeinden am Montag zu IT-Problemen gekommen. Diese seien kurze Zeit später behoben worden, wie das ÖVP-Innenministerium mitteilte. Schnedlitz sah darin dennoch einen „demokratiepolitischen Skandal“ – und stellte in den Raum, „dass die Innenministeriums-Server für Volksbegehren mit Vorsatz überlastet sind“.

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