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US-Notenbank Fed treibt globale Zinswelle an

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Nach der US-Notenbank erhöhten auch die Bank of England und die SNB ihre Zinsen. Das könnte bald Schwellenländern Probleme bereiten.

Wien. „Ich wünschte, es gäbe auch einen schmerzlosen Weg. Aber es gibt keinen.“ Mit diesen Worten begründete US-Notenbankchef Jerome Powell am Mittwochabend die neuerliche Zinserhöhung der Fed um einen Dreiviertelprozentpunkt („Die Presse“ berichtete in einem Teil ihrer Donnerstagsausgabe). „Wir müssen die Inflation hinter uns bekommen“, so Powell weiter. Und die Fed sei bereit, alles zu tun was dafür notwendig ist. Auch wenn es viel „Schmerz“ verursache.

Denn man sei sich natürlich bewusst, dass die starken Zinsanhebungen auch negative Folgen nach sich ziehen. Dazu gehört die Eintrübung der Konjunktur, weshalb in vielen Ländern die Wirtschaft sogar in eine Rezession fallen dürfte. Damit verbunden ist steigende Arbeitslosigkeit und ein Verlust an Wohlstand.

Ende der Negativzinsen

Nichtsdestotrotz ging auch am Donnerstag der Reigen an Zinserhöhungen weiter. So erhöhte die Bank of England ihren Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 2,25 Prozent. Noch stärker war der jüngste Zinssprung in der Schweiz. Die Schweizerische Nationalbank folgte dem Beispiel von Fed und EZB und erhöhte die Leitzinsen um 0,75 Prozentpunkte auf 0,5 Prozent. Damit beendet nun auch die Schweiz nach sieben Jahren die Phase der Negativzinse

In der Eurozone ist diese Zinswende bereits im Juli geschehen, seit der Septembersitzung liegt der Leitzins der EZB bei 1,25 Prozent. EZB-Direktorin Isabel Schnabel rechnet ungeachtet der Zinserhöhungen nicht mit einem raschen Rückgang der hohen Inflation in der Eurozone. „Kurzfristig könnte es sein, dass die Inflation trotz der jüngsten Zinsanhebungen noch weiter steigt“, sagte Schnabel in einem deutschen Interview.

Ein drohender Abschwung würde die Teuerung zwar dämpfen. Das berücksichtige die Europäische Zentralbank (EZB) auch bei ihren Zinsentscheidungen. „Das Ausgangsniveau der Zinsen ist aber sehr niedrig“, sagte Schnabel. „Daher ist klar: Wir müssen die Zinsen weiter erhöhen.“ Sie gehe davon aus, dass der EZB-Rat in seiner nächsten Sitzung die Zinsen weiter anheben werde. Wie groß der Schritt ausfallen werde und bis zu welchem Niveau angehoben werden muss, könne derzeit aber noch nicht gesagt werden. Für den gesamten Euroraum gehe die EZB derzeit jedenfalls nicht von einer Rezession, sondern von einer stagnierenden Wirtschaft aus. Allerdings sei die Situation in einigen Ländern, darunter auch Deutschland, schlechter.

Grund für den Druck auf die EZB, auch angesichts einer Rezession in Teilen Europas die Zinsanhebungen fortzusetzen, ist nicht nur die Inflationsrate innerhalb der Eurozone, sondern auch der Außenwert des Euro. Dieser fiel in der Nacht auf Donnerstag mit einem Umtauschverhältnis von 0,9809 zum US-Dollar auf den tiefsten Wert seit 20 Jahren. Grund dafür ist, dass das höhere Zinsniveau in den USA es für Anleger attraktiv macht, ihr Geld dort zu investieren. Dies sorgt jedoch dazu, dass sich international in Dollar gehandelten Gütern in der Eurozone nocheinmal verteuern.

Sorge um Schwellenländer

Dieses Problem trifft auch Entwicklungs- und Schwellenländer, wobei dei Auswirkungen bei diesen noch wesentlich drastischer sein könnten als bei den europäischen Industrienationen. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgiewa, warnt daher bereits seit Monaten vor einer Schuldenkrise für Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen. „Wir müssen erkennen, dass es eine tektonische Verschiebung gibt“, sagte sie etwa im Juli. Die Welt sei schockanfälliger geworden. Aktuell führten die Auswirkungen der Lieferkettenunterbrechungen wegen der Corona-Pandemie und des „Schreckens eines erneuten Krieges in Europa“ zu einer galoppierenden Inflation. Die Zentralbanken konzentrierten sich zwar zu Recht darauf, diese mit Zinserhöhungen zu bekämpfen, betonte die IWF-Chefin. Doch mit den Zinserhöhungen verschärften sich die globalen Finanzbedingungen stärker als bisher angenommen.

Denn bei den meisten Schwellenländern kommt zur Teuerung der Importgüter hinzu, dass sie sich oft in US-Dollar verschuldet haben. Daher macht die Stärkung des Dollars auch die Bedienung dieser Kredite wesentlich teurer. Das passiert zu einem Zeitpunkt, an dem die Inflation viele Länder in Zentralasien, Lateinamerika und südlich der Sahara in Afrika ohnehin schon in Nöte bringt.

Die US-Zinspolitik kann in einkommensschwachen Ländern eine ernsthafte Wirtschaftskrise auslösen – wie auch die Geschichte zeigt. Die Folgen des sogenannten Volcker-Schocks sind dabei besonders in Erinnerung geblieben. Der legendäre Fed-Chef Paul Volcker erhöhte in den 1980er-Jahren im Kampf gegen die Inflation drastisch die Zinsen. Das Wirtschaftswachstum in den USA wurde gebremst. Das riss aber auch andere Volkswirtschaften mit nach unten. Länder wie Mexiko und Chile schlitterten in eine schwere Schuldenkrise, von der sie sich jahrelang nicht erholten.

(jaz/DPA/ag.)

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