Geschmacksfrage

Fisch und Chef im Blaufisch

Im Blaufisch überzeugt die Fischauswahl und der Chef.
Im Blaufisch überzeugt die Fischauswahl und der Chef. Christine Pichler
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Warum ein mutiger Grieche und smarter Türke Unterstützung brauchen.

Vergessen wir Globalisierung und die noch einigermaßen funktionierende kulinarische Lieferkette: Wirklich gut schmecken Muscheln und anderes Meeresgetier nur in den Monaten auf „r“. Erlauben Sie mir daher eine kleine nostalgische Fisch-Serie, die szenigen Neueröffnungen und inflationären – darf man das Wort noch in unterhaltsamem Kontext verwenden? – finnischen Pop-up-Pferdeleberkäs-Kellergrills überlassen wir anderen. Wobei das Blaufisch am Wiener Franz-Josefs-Kai auch vor Kurzem eröffnet hat. Weder der Name noch die Inneneinrichtung suggerieren, dass es sich um ein griechisches Restaurant handle. Wobei: Vielleicht war die Assoziationskette über den Begriff „spartanisch“ Ausgangspunkt. Höflich formuliert: Schön ist es nicht.

Das hat man in der Sekunde verdrängt, wenn man erstens die Fischauswahl begutachtet und zweitens den Chef vor sich hat. Haris Gibis stammt, wie ich dem „Falter“ entnommen habe, aus der Gegend von Thessaloniki, wuchs in Bayern auf, arbeitete dann in Griechenland in der Hotelbranche und kam schließlich nach Österreich, um ein Restaurant zu machen, wo wirklich griechisch gekocht werde, wie er sagt. In Stockerau hatte er mit diesem Projekt ein bisschen Pech, ­weshalb er nach Wien wechselte und hier gemeinsam mit seiner Cousine das Theo am Franz-Josefs-Kai übernahm.

Christine Pichler

Wenn Gibis über seine Produkte aus Wildfang und regionalen Bezugsquellen von Santorin (Feva-Bohnen!) bis zu den Vierteln um Wien spricht, bleibt kein Auge trocken. Hauptgrund für den Besuch, den man am besten vorher telefonisch zwecks Fisch-Angebot abklärt: Der Mann grillt Fische, von denen wir Branzino-Esser noch ­seltener gekostet haben: eben etwa den namensgebenden Blaufisch, der eigentlich geräuchert oder für Vorspeisen zubereitet wird. Ich bestehe auf gegrillten Blaubarsch und muss einräumen, dass er ein derberer Geschmackskerl ist. Nie wieder werde ich eine Empfehlung von Gibis ausschlagen. Pelamide, eine nur im Mittelmeer befischte Makrelenart, gibt es auch. Die Babykalamari sind hinreißend zart. Die besten beiden Aufstriche sind der aus geräucherten Melanzani und eine Erdäpfelcreme, die so mollig ist, dass ich Erdäpfelpüree links ­liegen lassen würde. Nächste Station ist ein Klassiker: Im Umar geht es dann zum Wolfsbarsch unter riesiger Salzkruste, die noch rituell entzündet wird. Ich schreibe das auch, um das dümmste Gerücht seit Langem zu falsifizieren: Natürlich sperrt das Umar nicht zu. Im Gegenteil: Dem ­lustigen Experimentierclub-Pop-up in der Umar Weinbar nebenan folgt die lang geplante Austern-Muschelbar!

Infos

Blaufisch, Franz-Josefs-Kai 39/8, 1010 Wien, Tel.: +43/(0)1/533 21 33, Restaurant: Di–Sa: 12–15, 17.30–23 Uhr, So: 11.30—17 Uhr. Mehr Kolumnen auf: DiePresse.com/lokalkritiken

("Die Presse Schaufenster" vom 23.09.2022)

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