Parlamentswahl

Wahlergebnis: "Fratelli d'Italia" klar stärkste Einzelpartei

Das komplizierte italienische Wahlsystem bringt eine klare Siegerin: Giorgia Meloni, Chefin der postfaschistischen "Fratelli d'Italia".
Das komplizierte italienische Wahlsystem bringt eine klare Siegerin: Giorgia Meloni, Chefin der postfaschistischen "Fratelli d'Italia".APA/AFP/TIZIANA FABI
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Die Mitte-rechts-Koalition kommt laut Hochrechnungen auf 44 Prozent der Stimmen. Giorgia Melonis „Fratelli d'Italia“ wird stärkste Einzelpartei - deutlich vor den Sozialdemokraten.

Bei den Parlamentswahlen in Italien zeichnet sich ein klarer Wahlsieg der Mitte-Rechts-Allianz um die Rechtsaußen-Politikerin Giorgia Meloni ab. Meloni erhob in der Nacht auf Montag bereits Anspruch auf die Regierungsbildung. Ihr Mitte-Rechts-Block dürfte laut Hochrechnungen auf rund 44 Prozent der Stimmen kommen. Das dürfte dank des Wahlrechts in beiden Kammern des Parlaments für eine bequeme Mehrheit reichen.

Laut Prognosen des öffentlich-rechtlichen Senders RAI am Montag kommt das Mitte-Rechts-Lager in der Abgeordnetenkammer auf 232 bis 252 der insgesamt 400 Mandate, im Senat auf 114 bis 126 der insgesamt 200 Sitze. Wie erwartet gewann der geeinte Rechtsblock viele der nach Mehrheitswahlrecht vergebenen Sitze.

Meloni sah bereits in der Nacht den Regierungsauftrag beim rechten Lager unter Führung ihrer Partei. Auf Grundlage der Hochrechnungen lasse sich sagen, dass die Italiener an den Wahlurnen ein klares Zeichen gesendet hätten, sagte Meloni in Rom. Sie sprach von einer "Nacht des Stolzes" und einer "Nacht der Erlösung".

Zu ihren Anhängern sagte sie, man sei nicht am Ziel angelangt, sondern stehe am Beginn eines Aufbruchs. Nun sei Einigkeit gefragt, um die vielen Probleme im Land anzugehen. "Wenn wir dazu aufgerufen werden, diese Nation zu regieren, werden wir dies für alle Italiener tun, mit dem Ziel, das Volk zu vereinen, das Verbindende zu fördern und nicht das Trennende", sagte Meloni vor Journalisten. Man werde das Vertrauen der Wähler nicht missbrauchen.

Niederlage für Sozialdemokraten

Die Sozialdemokraten gestanden ihre Niederlage ein, sie wollen in die Opposition gehen, wie Debora Serracchiani, die Fraktionschefin des Partito Democratico (PD) im Abgeordnetenhaus, sagte.

Melonis postfaschistische Partei Brüder Italiens (FdI - Fratelli d ́Italia) dürfte mit knapp 26 Prozent der Stimmen klar stärkste Einzelpartei werden. Für die einstige Kleinpartei, die bei der Parlamentswahl 2018 noch 4,4 Prozent erreicht hatte, ist es ein Erdrutschsieg.

Der sozialdemokratische Partito Democratico (PD) von Ex-Premier Enrico Letta dürfte demnach 19,3 Prozent bekommen. Auf Platz drei sollte es die Fünf-Sterne Bewegung mit 14,9 Prozent der Stimmen schaffen. Die mit Meloni verbündete Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini muss sich laut den Hochrechnungen mit 8,9 Prozent der Stimmen begnügen.

Überraschung für Mitte-Bündnis

Als Überraschung erwies sich die gute Leistung der Zentrumspartei Azione von Ex-Industrieminister Carlo Calenda im Bündnis mit der Mitte-Links-Partei Italia Viva von Ex-Premier Matteo Renzi, die 7,7 Prozent der Stimmen erobern könnte, was deutlich über den Erwartungen der Meinungsforschungsinstitute vor den Wahlen liegt. Die Forza Italia des viermaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi dürfte laut den Hochrechnungen nur auf 8 Prozent der Stimmen kommen, deutlich unter den Erwartungen Berlusconis, der auf ein zweistelliges Ergebnis gehofft hatte.

"Mit diesen Zahlen können wir regieren", erklärte der Abgeordnete von Fratelli d ́Italia Fabio Rampelli bereits am Wahlabend nach Veröffentlichung der Nachwahlbefragungen. Die Spitzenpolitiker der Rechtsaußen-Partei versammelten sich im Hotel Parco dei Principi im Herzen Roms und feierte dort die ersten Ergebnisse. Wahlfavoritin Meloni hatte kurz vor Schließung der Wahllokale um 23 Uhr ihre Stimme in einem Wahllokal im römischen Außenbezirk Torrino abgegeben. Lega-Chef Salvini begrüßte trotz des relativ schwachen Ergebnisses seiner eigenen Partei den klaren Vorsprung der Mitte-Rechts-Koalition. "Wir sind vorn, danke!", twitterte Salvini.

Fünf Sterne retten sich auf Platz drei

Die Fünf-Sterne-Bewegung, die Italien vier Jahre lang regiert hatte, freute sich trotz herber Verluste über den überraschenden dritten Platz. "Wir waren totgesagt worden, doch wir sind die drittstärkste Partei im Land", kommentierte Michele Gubitosa, Vizepräsident der Fünf Sterne. Vor allem mit dem Versprechen, eine 2019 eingeführte Mindestsicherung weiterhin zu finanzieren, hat die vom Komiker Beppe Grille gegründete populistische Partei Wählerstimmen erobert, vor allem im ärmeren Süden des Landes.

Die vorgezogene Parlamentswahl wurde notwendig, weil der frühere EZB-Präsident Mario Draghi im Juli nach dem Bruch seines breiten Regierungsbündnisses als Ministerpräsident zurückgetreten war.

Das komplizierte Wahlsystem

Die Parlamentswahlen fanden nach einem "Rosatellum" genannten komplizierten Wahlsystem statt. Es ist eine Mischung aus Mehrheits-und Verhältniswahlrecht. Die Zahl der Parlamentssitze schrumpft dieses Mal infolge einer Verfassungsreform von 945 auf 600. Der Wahlkampf war auch vor diesem Hintergrund härter als zuvor.

Die Beteiligung an der Parlamentswahlen erreichte einen historischen Tiefstand. 64 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab. Das sind zehn Prozent weniger gegenüber den letzten Parlamentswahlen im März 2018, teilte das italienische Innenministerium mit. Vor allem in Süditalien blieben die Wähler von den Wahllokalen fern.

(APA)

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