Reaktionen auf Italien-Wahl

Europas rechte Parteien feiern, Europa sorgt sich vor Rechtsruck

Einen dezidiert pro-europäischen Standpunkt hatte die Zentrumsallianz rund um Ex-Premier Enrico Letta. Von Wahlsiegerin Giorgia Meloni wird ein kritischer Kurs erwartet.
Einen dezidiert pro-europäischen Standpunkt hatte die Zentrumsallianz rund um Ex-Premier Enrico Letta. Von Wahlsiegerin Giorgia Meloni wird ein kritischer Kurs erwartet.REUTERS
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Das Rechtslager um Giorgia Meloni feiert einen Wahlsieg in Italien. "Italiener holen sich ihr Land zurück. Bravissimo", freut sich etwa die FPÖ. Führende EU-Abgeordnete zeigen sich besorgt.

Während mehrere EU-Politiker besorgt auf den Rechtsruck in Italien reagieren, feiern Rechtspopulisten den Wahlsieg des Rechtslagers. Gratulationen kamen am Wahlabend von der französischen Rassemblement National von Marine Le Pen, von der polnischen Regierungspartei PiS, der spanischen Vox und der deutschen AfD. Auch die FPÖ begrüßte Montagfrüh das Wahlergebnis.

"Italiener holen sich ihr Land zurück. Bravissimo", erklärte der freiheitliche FPÖ-Europaabgeordneter Harald Vilimsky im Kurznachrichtendienst Twitter. "Die Italiener haben dem EU-Establishment rund um Kommissionspräsidentin von der Leyen, das über die Köpfe der Bürger hinweg die Zentralisierung der Union in Richtung, Vereinigte Staaten von Europa ́ vorantreibt, eine klare Absage erteilt und ein starkes Zeichen für ein Europa der Völker und Vaterländer gesetzt", teilte Vilimsky anschließend in einer Aussendung mit.

"Ein mehr als verdienter Sieg. Herzlichen Glückwunsch!", schrieb Ungarns Premierminister Viktor Orbán auf Facebook. Darunter postete er ein Foto, auf dem er mit Giogria Meloni zu sehen ist und auf dem "Bravo, Giorgia!" steht.

"Die Italiener haben der Europäischen Union eine Lektion in Demut erteilt", kommentierte Jordan Bardella, Europaabgeordneter des Rassemblement National und Präsidentschaftskandidat der Partei von Marine Le Pen, in einem Tweet. "Keine noch so große Bedrohung kann die Demokratie aufhalten: Die Völker Europas erheben ihre Köpfe und nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand!", schrieb Bardella.

Auch die spanische Vox, die Meloni im Wahlkampf unterstützt hatte, begrüßte das Wahlergebnis. "Heute Abend setzen Millionen von Europäern ihre Hoffnungen auf Italien. Giorgia Meloni hat den Weg für ein stolzes, freies Europa souveräner Nationen aufgezeigt", twitterte der Vox-Vorsitzende Santiago Abascal am späten Sonntagabend. Auch der slowenische Ex-Regierungschef Janez Janša gratulierte bereits am Wahlabend auf Twitter.

Lob erhielt die Chefin von Fratelli d ́Italia auch vom polnischen Premier Mateusz Morawiecki: "Gratulation", postete er auf Twitter. "Wir jubeln mit Italien!", schrieb auch die deutsche AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch am späten Sonntagabend auf Twitter. Ihr Parteikollege Malte Kaufmann twitterte: "Ein guter Tag für Italien - ein guter Tag für Europa." Mit Verweis auf die jüngsten Wahlen in Schweden, bei denen ebenfalls die Rechte erfolgreich war, schrieb von Storch: "Schweden im Norden, Italien im Süden: Linke Regierungen sind so was von gestern."

„Keine guten Nachrichten für Europa"

"Das sind weder gute Nachrichten für Italien noch für Europa", sagte dagegen der SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Andreas Schieder, in einer Aussendung. Gerade in Krisenzeiten wie diesen benötige Italien Stabilität. "Unter einer rechtsextremen Regierung wie dieser wird diese mit Sicherheit nicht gewährleistet. Gleichzeitig wird eine Regierung unter Giorgia Meloni auch die Handlungsfähigkeit der EU einschränken."

Das sieht Katharina Barley, Vizepräsidentin des EU-Parlaments, ähnlich: Melonis wahlkampftaktisches Lippenbekenntnis für Europa könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie eine Gefahr für das konstruktive Miteinander in Europa darstelle, sagte die deutsche SPD-Politikerin zur "Welt". "Die Autokraten bekommen mit ihr eine Lobbyistin im Rat, also der Vertretung der 27 EU-Mitgliedsländer, um Sand ins Getriebe der EU zu streuen." Barley rief die Parteien im Europäischen Parlament und die EU-Länder auf, sich Störmanövern aus Rom von Anfang an zu widersetzen.

Der Co-Chef der europäischen Grünen, der Österreicher Thomas Waitz, sagte der "Welt", die EU könne nur funktionieren, wenn sie zusammenhalte, beispielsweise bei der Kooperation auf den Energiemärkten, bei Beschlüssen über Russland-Sanktionen oder bei der Bewältigung der Corona-Krise."Meloni würde dagegen auf nationale Alleingänge setzen, sie kann eine Katastrophe für Europa werden."

Europa habe eine Reihe von Werten, sagte Frankreichs Premierministerin Elisabeth Borne. "Wir werden (...) darauf achten, dass die Menschenrechte eingehalten werden, dass Andersdenkende respektiert werden, dass insbesondere das Recht auf Abtreibung respektiert wird", kommentierte Borne am Montag im Fernsehsender BFM den Ausgang der Wahl. Frankreichs Ex-Präsident François Hollande warnte vor einer ähnlichen Entwicklung wie in Italien auch im eigenen Land. "Der Sieg der extrem Rechten in Italien ist einerseits eine Bedrohung für die Grundrechte und andererseits ein Risiko der Lähmung in Europa", sagte Hollande am Montag.

Michael Gahler, CDU-Politiker und außenpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im EU-Parlament, sagte am Montag im Deutschlandfunk, er sei besorgt angesichts des anti-europäischen Hintergrunds von Melonis Partei. Seine Hoffnung ruhe nun auf der Forza Italia, die im rechten Bündnis für einen Kurs der Mitte stehe. Silvio Berlusconi würde die Politik der Partei nicht mehr bestimmen, er sei eine Figur der Vergangenheit.

Das Internationale Auschwitz Komitee zeigte sich ebenfalls besorgt. Der Wahlsieg der postfaschistischen Partei Fratelli d Italia sei ein "schockierender und trauriger Vorgang", erklärte Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, am Montag in einer Aussendung. "Dass die Bürgerinnen und Bürger in Italien Versprechungen rechtsextremer Populisten Glauben schenken und Mussolinis selbsternannte Erben an den Tisch der Republik bitten, ist auch ein alarmierendes Zeichen dafür, dass die europäische Idee zunehmend unter Druck gerät", so Heubner.

(APA)

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