Küchendesign

Als aus den Küchen Inseln wurden

Vor fast 50 Jahren wurde die Küche wieder neu erfunden. Von einem Grafikdesigner, der viel mehr war als das: Otl Aicher.

Dieser Mann war ziemlich vieles zugleich. Grafiker, Designer, Typograf. Und vor allem auch „Philosoph“, so nennen ihn zumindest viele, die in jenem Jahr an ihn denken, in dem er seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Sich Gedanken machen, das zählte tatsächlich zu den liebsten Disziplinen Otl Aichers. Und sich auf die Aufgaben, die man ihm stellte, tief und kompromisslos einlassen zu können, war wahrscheinlich eine seiner Stärken. Mit der Gestaltung der visuellen Erscheinungsbilder von Lufthansa bis zu den Olympischen Spielen in München 1972 machte er Furore und Karriere. Doch seine Ideen und Konzepte schlugen sich nicht nur an Plakatwänden, auf Briefköpfen, in Krankenhaus-Leitsystemen und in Form von Flugzeuggeschirr nieder. Auch in der Küche. Plötzlich sollte sie nicht mehr der gewohnt isolierte Ort sein, in dem die Mutter ihre Arbeit verrichet, damit alle anderen in der Familie satt und glücklich werden. Die Küche wurde von der introvertierten, aber praktischen Arbeitszeile zur kommunikativen Werkstatt, nicht nur zum Raum, sondern auch zum Wohnraum.

Die Werkbank wurde ihre Mitte und als Zentrum des Geschehens auch der Vorläufer der Kücheninsel, die heute längst zum architektonischen Grundinventar der modernen Küche gehört. Vielleicht war Otl Aicher durch seine Ideen der Anzettler der zweiten großen Küchenrevolution des 20. Jahrhunderts. Die erste hatte noch die österreichische Architektin Margarete Schütte-Lihotzky initiiert. Mit ihrem Entwurf der Frankfurter Küche. Exakt abgezirkelte Küchenzeilen, deren Maßstab die Arbeitseffizienz war, als Vorform der bald gängigen Einbauküche, die in den Wohnkonzepten so selbstverständlich wurde wie das Sofa vor dem Fernseher.

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