Der Angriff auf die Nord-Stream–Pipelines wirft ein Schlaglicht auf die kritische Infrastruktur am Meeresboden. Sie ist ein leichtes Ziel: „Es gibt einfach zu viele Angriffspunkte." Aber die Gefahr wurde lange unterschätzt.
Wien. Vor 15 Jahren sind in Vietnam einige Kilometer Seekabel entwendet worden. Die offizielle Version lautet, dass Fischer die Kabel gestohlen haben, um sie auf dem Schrottmarkt zu verscherbeln. Über Wochen plagten das Land Internetprobleme, weil der südostasiatische Staat nur noch über ein einziges Seekabel mit der Außenwelt verbunden war. Die skurrile Episode wirft eine unangenehme Frage auf: Wenn schon ein paar Fischer ein Internetchaos in einem Land mit fast 100 Millionen Einwohnern auslösen können, was kann dann ein staatlicher Saboteur anrichten?
Die kurze Antwort: ziemlich viel. Es gibt kaum einen Schauplatz, wo sich mit weniger Aufwand größerer Schaden erzeugen lässt, als am Boden der Meere. Aber wenn nicht alles täuscht, dann wurde das Problem in der Öffentlichkeit unterschätzt. Zumindest bis Dienstag. Die Löcher in den Nord-Stream-Pipelines, die gesprengten Rohre, werfen ein Schlaglicht auf die kritische Infrastruktur unter Wasser. Der Meeresgrund ist der vielleicht verletzlichste Ort der vernetzten Welt. Dort fließen Gas, Öl, Strom, Daten. Die Abhängigkeiten sind groß. Und die Gefahren auch.