Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ortet Sabotage. Er nennt keinen möglichen Verantwortlichen, warnt aber von einer „geschlossenen und entschlossenen Antwort“.
Die schwedische Küstenwache hat nach eigenen Angaben ein viertes Gasleck an den beschädigten Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee entdeckt. An den russischen Pipelines waren Anfang der Woche innerhalb kurzer Zeit in dänischen und schwedischen Gewässern zunächst drei Lecks entdeckt worden. Die genaue Ursache ist unklar. Westliche Sicherheitsexperten gehen aber von Sabotage aus. Seitens der EU wurden Tests der kritischen Infrastruktur angekündigt.
Russland führt die Lecks in den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee auf einen "Akt des Terrorismus" zurück. Zumindest sehe es danach aus, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag. Die Aufklärung der Umstände erfordere eine Zusammenarbeit mehrerer Staaten, fügte er hinzu. Zu einem CNN-Bericht, wonach in der Nähe der Lecks russische Kriegsschiffe und U-Boote gesichtet worden sein sollen, sagte Peskow, die Präsenz der Nato in dem Gebiet sei weitaus größer.
Nato kündigt „entschlossene Antwort“ an
Die wiederum sprach am Donnerstag von einem Sabotage-Akt. Sie zeigt sich im Fall von Angriffen auf kritische Infrastruktur zur Gegenwehr entschlossen. "Alle derzeit vorhandenen Informationen deuten darauf hin, dass dies das Ergebnis eines absichtlichen, rücksichtslosen und unverantwortlichen Akts der Sabotage ist", erklärte das Militärbündnis mit Blick auf die Lecks an den Gaspipelines in der Ostsee.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte: "Jedem vorsätzlichen Angriff auf die kritische Infrastruktur von Verbündeten wird mit einer geschlossenen und entschlossenen Antwort begegnet." Ein möglicher Verantwortlicher wird in dem Statement nicht genannt. Bereits am Vortag hatte auch Stoltenberg - ebenfalls ohne Schuldzuweisung - von Sabotage gesprochen.
Man habe sich dazu verpflichtet, sich auf den "Einsatz von Energie und anderer hybrider Taktiken durch staatliche und nicht-staatliche Akteure" vorzubereiten, sie abzuschrecken und abzuwehren. Die Beschädigung der beiden Pipelines Nordstream gebe Anlass zu großer Sorge. Die Lecks gefährdeten die Schifffahrt und verursachten erhebliche Umweltschäden. "Wir unterstützen die laufenden Ermittlungen zur Klärung der Schadensursache."
EU will kritische Infrastruktur testen
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hatte die mutmaßliche Sabotage an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 am Mittwochabend als Warnruf bezeichnet und einen Belastungstest für die kritische Infrastruktur in Europa angekündigt. "Wir (die EU-Kommission) werden uns jetzt an alle Mitgliedstaaten wenden und wir werden einen Belastungstest durchführen in Bezug auf die kritische Infrastruktur", sagte die Schwedin im ZDF-"heute journal".
Angesichts der Lecks in den Pipelines sprach sie von einem "Anschlag", der eine "Eskalation" und "eine Bedrohung" sei. "Soweit ich es beurteilen kann, ist es ein sehr intelligenter Anschlag, der nicht verübt worden sein kann von einer normalen Gruppe von Menschen", sagte die Kommissarin. Das Risiko sei groß, dass ein Staat dahinter stehe. "Wir haben natürlich einen Verdacht. Aber es ist zu früh, das abschließend zu beurteilen."
Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis bezeichnete die mutmaßliche Sabotage an den Gasleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 als "Terrorakt". "Ein weiteres Leck ist ein weiterer Beleg dafür, dass dies eine vorsätzliche Tat ist, eine Aktion, die meiner Meinung nach sicherlich das Recht hat, als terroristischer Akt bezeichnet zu werden", sagte der Chefdiplomat des baltischen EU- und Nato-Landes am Donnerstag im Parlament in Vilnius.
Ähnlich vorsichtig äußerte sich auch der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, zu möglichen Verursachern der Pipeline-Lecks. "Wir haben derzeit mehr Fragen als Antworten." Die US-Regierung wolle keine Mutmaßungen über mögliche Hintermänner einer Sabotage-Aktion anstellen, bis Untersuchungen an den Erdgasleitungen abgeschlossen seien.
(APA/Reuters)