Protestwelle

Iran: Amnesty dokumentiert den Tod Dutzender Menschen

Nach dem Tod der iranischen Kurdin Mahsa Amini wird nicht nur im Iran, sondern weltweit protestiert - wie hier in Istanbul.
Nach dem Tod der iranischen Kurdin Mahsa Amini wird nicht nur im Iran, sondern weltweit protestiert - wie hier in Istanbul.(c) REUTERS (DILARA SENKAYA)
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Die Menschenrechtsorganisation fordert eine internationale Untersuchung. Bei Protesten sei unter anderem scharfe Munition eingesetzt worden.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Gewalt durch Sicherheitskräfte gegen Demonstranten im Iran dokumentiert und fordert eine internationale Untersuchung. Die Gewaltanwendung beinhalte den Einsatz von scharfer Munition, Schrotkugeln und anderer Metallgeschoße, massive Schläge sowie geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt gegen Frauen, teilte die Organisation am Donnerstag mit.

Amnesty habe zudem den Tod von Dutzenden Frauen, Männern und Kindern dokumentiert, gehe aber von einer noch höheren Zahl von Todesopfern aus. "Die Tötung von Demonstranten muss dringend durch einen internationalen Rechenschaftsmechanismus untersucht werden", forderte Amnestys Generalsekretärin Agnès Callamard. Dafür müsse ein Mechanismus der Vereinten Nationen eingerichtet werden.

Familien- und Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) zeigte sich in einer Aussendung am Donnerstag erschüttert. Der Tod von Mahsa Amini führe uns vor Augen, dass "in Teilen der Welt Frauen systematisch unterdrückt, ihrer Freiheit und Selbstbestimmung beraubt werden und um ihr Leben fürchten müssen", schlicht weil sie Frauen seien, so Raab. Sie forderte eine "transparente und unabhängige Untersuchung". Zudem müssten die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Keine Gnade

Die Menschenrechtsorganisation zitierte unter anderem einen Augenzeugen, der an einem Protest in Teheran am 25. September teilnahm. "Die Sicherheitskräfte zeigten keine Gnade. Sie schossen mit Schrotflinten auf Menschen, bearbeiteten sie mit Schlagstöcken, Schlägen und Tritten", so der Augenzeuge.

Auslöser der anhaltenden Proteste war der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" festgenommen. Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar. Die junge Frau war ins Koma gefallen und am 16. September in einem Krankenhaus gestorben. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe entschieden zurück.

Seitdem gibt es landesweit Proteste gegen den repressiven Kurs des islamischen Systems. Staatsmedien zufolge wurden bisher mehr als 40 Menschen während der Demonstrationen getötet. Beobachter gehen aber von einer höheren Todeszahl aus.

(APA)

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