Junge Forschung

Ein Herzensprojekt gegen den Hass

Mit Soziologen arbeitet Matthias Zeppelzauer an einem Programm, das schlagfertige Reaktionen auf Hassnachrichten in sozialen Netzen produziert.
Mit Soziologen arbeitet Matthias Zeppelzauer an einem Programm, das schlagfertige Reaktionen auf Hassnachrichten in sozialen Netzen produziert.Lukas Aigelsreither
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Der Informatiker Matthias Zeppelzauer hat ein Gespür für gesellschaftsrelevante Themen. Er sucht nach einer künstlichen Intelligenz, die ethisch verantwortungsvolle Lösungen bietet.

Hass, Sexismus und Rassismus dominieren nicht selten hitzige Diskussionen im Internet. Auf Social Media gibt ein Wort das andere, es kann zu massivem Cybermobbing kommen. Gerade Jugendliche werden davon besonders verängstigt, was im schlimmsten Fall Suizid zur Folge hat. Zu intervenieren und der Fülle an Hasskommentaren Herr zu werden, scheint schier unmöglich. Matthias Zeppelzauer, Informatiker an der Fachhochschule (FH) St. Pölten, stellt sich diesem Problem: „Seit zehn Jahren beobachte ich Strömungen im Internet, die unsere Gesellschaft zunehmend destabilisieren. Es braucht eine künstliche Intelligenz, die so etwas automatisch erkennt, deren Bedeutung verarbeitet und meldet. Erst dann kann man darauf reagieren.“

Vor akustischen Verfolgern schützen

In seinem Herzensprojekt „Young People Against Online Hate“ fokussiert er derzeit gemeinsam mit Soziologen der Uni Wien auf Gegenrede in den sozialen Netzwerken. Dafür werden Techniken, basierend auf künstlicher Intelligenz (KI), entwickelt, die Jugendlichen passende Text- und Bildvorschläge (wie Memes oder Gifs) für eine Wortmeldung gegen Hass unterbreiten. Doch damit nicht genug. Weitere gesellschaftsrelevante Aspekte treiben Zeppelzauer in seiner Forschung an. Mit forensischen Methoden nähert er sich der Montage von Filmen, dem Filtern von Geräuschen oder der Analyse von Instagram-Bildern. Gerade im Bereich Medizin und Schönheit scheinen Influencer – Social-Media-Nutzer mit einer Vielzahl an Abonnenten – mit manipulierten Bildern zu werben. Sie entsprechen gängigen Schönheitsidealen, sind aber fernab jeglicher Realität. Zur Aufklärungsarbeit gehört auch das Projekt „SoniControl“: „Die akustische Firewall schützt Handynutzer vor Ultraschalltracking. Denn mit Mikrofon und Lautsprecher können Daten ohne Wissen des Nutzers mit Geräten in der Nähe ausgetauscht werden und so sensible Daten wie Passwörter vom Handy gestohlen werden.“

Die zahlreichen und unterschiedlichen Problemstellungen verdeutlichen Zeppelzauers Leidenschaft für Informatik, die bereits in der Oberstufe aufkam. Keinen anderen Beruf hätte er sich vorstellen können: „Ich habe immer überlegt: In Web 2.0 und später Social Media steckt so viel Wissen. Wenn man es analysiert, könnte es einen extremen Mehrwert bieten.“

Trotz der vielen Erfolge scheint das Scheitern im Forschungsfeld KI programmiert. Noch immer verstehe sie größere Bedeutungszusammenhänge nicht und erlerne Kausalitäten der menschlichen Welt nur langsam anhand zahlreicher Datensätze, erklärt Zeppelzauer. „Nobelpreisverdächtig ist unserer Forschung erst dann, wenn die KI Entscheidungen trifft, die transparent und nachvollziehbar sind.“ Somit ist klar: Bis zum zufriedenstellend selbstfahrenden Auto wird es noch dauern. Denn wie lässt sich erlernen, wem das Auto in einer ethisch verhängnisvollen Situation ausweichen soll? Kind oder Greis? Bis dahin motiviert Zeppelzauer seine Studierenden zu einer kritischen Auseinandersetzung mit Themen der heutigen Zeit. „Ich versuche, Lösungen für reale Probleme unserer Gesellschaft zu finden, die uns weiterbringen. In meinen Augen wird viel zu viel geforscht, weil man es kann, aber nicht, weil es sinnvoll ist.“

Sein Verdienst schlägt sich nicht zuletzt in zahlreichen Preisen nieder. Seine Diplomarbeit über Geräuscherkennung brachte ihm bereits 2006 den PRIP (Pattern Recognition and Image Processing)-Preis der TU Wien ein. Weitere Auszeichnungen sind beispielsweise der Best Paper Award der Internationalen Conference on Digital Heritage 2015, der Austrian-Open-Source-Award 2018 oder der MTD-Award 2021. Die jüngste Auszeichnung erhielt er auf der internationalen Konferenz für Content-Based Multimedia Indexing 2021 für das Erkennen von Falschnachrichten durch Kombination von Metadaten, Text- und Bildinformation.

Seinen Ausgleich findet Matthias Zeppelzauer neben Beschäftigung mit seiner eineinhalbjährigen Tochter auf einem alten Segelboot. Es handelt sich dabei um ein über 100 Jahre altes Erbstück, in das der Forscher viel Zeit und Liebe investiert.

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