Gastkommentar

Strommarkt spielt verrückt: Zufall oder System?

(c) Peter Kufner
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Viele Ökonomen sind offenbar dazu bereit, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit auf dem Altar der Marktgläubigkeit zu opfern.

Der Autor

Johann Čas (geb. 1957) studierte Volkswirtschaft an der Universität Graz und arbeitet als Ökonom und Technikforscher in Wien. Er hat bereits zu zahlreichen unterschiedlichen Themen publiziert, im Mittelpunkt seines Forschungsinteresses stehen die gesellschaftlichen Folgen digitaler Technologien.

Kann es ein Zufall sein, wenn renommierte Ökonominnen und Ökonomen immer wieder das Wort „Zufallsgewinne“ in den Mund nehmen, wenn es um Argumente gegen deren Besteuerung geht? Wenn sie sich auf Kräfte des Marktes berufen, wenn sie das fatale Verfahren der Strompreisbildung gemäß dem Merit-Order-Prinzip verteidigen? Vermutlich nicht, insbesondere wenn man bedenkt, dass sie eigentlich wissen müssten, dass die exorbitanten Gewinne von Energie-Erzeugern weder zufällig zustande kommen noch vom Markt festgesetzt werden.

Keine wirksamen Anreize

Es stimmt zwar, dass der Krieg in der Ukraine und der Versuch Russlands, durch eine schon lang vorbereitete Verknappung der Lieferung von Erdgas Europa zu spalten und die Sanktionen gegen Russland und die Unterstützung der Ukraine zu beenden, der entscheidende Faktor für die immensen Steigerungen der Gaspreise ist. Dass die Kosten für Gas den für Strom zu bezahlenden Preis festlegen, hat aber absolut nichts mit Zufall zu tun. Es haben nicht alle Erzeuger von Strom mit erneuerbaren Ressourcen oder mit Kernenergie gleichzeitig im Lotto gewonnen. Die Übergewinne sind einer Regulierung geschuldet, nach der der Strompreis vom teuersten Erzeuger, in der Regel von Betreibern von Gaskraftwerken, bestimmt wird. Selbst unter normalen Bedingungen fehlt die Evidenz, dass dieser Eingriff in den Markt wirksame Anreize geboten hätte, verstärkt in die Nutzung erneuerbarer und damit langfristig kostengünstiger Ressourcen zu investieren.

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