Migrationsgipfel

Nach Gipfel mit Nehammer und Orbán: Serbien verschärft Visaregeln

Dreier-Gipfel in Budapest: Vučić, Orbán und Nehammer (von links).
Dreier-Gipfel in Budapest: Vučić, Orbán und Nehammer (von links).APA/AFP/ATTILA KISBENEDEK
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In Budapest sprachen Nehammer, Vučić und Orbán über verstärkte polizeiliche Zusammenarbeit beim Grenzschutz, Schlepperbekämpfung und gemeinsame Maßnahmen, um illegalen Migrationsströmen entgegenzuwirken.

Serbien hat nach Angaben von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) die Verschärfung seiner Visaregeln für Länder zugesagt, aus denen viel illegale Migration in die EU kommt. Wie der Kanzler nach einem Migrationsgipfel mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić und dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán am Montag in Budapest weiter ausführte, sollen die serbischen Regelungen mit Jahreswechsel "an die Vorgaben der Europäischen Union angepasst werden".

Vučić sagte dazu: "Serbien sollte nicht ausgenützt werden von jenen, die nicht wegen beruflicher Angelegenheiten kommen, sondern für illegale Migration Richtung Westen."

Starker Anstieg von illegalen Einreisen

Österreich hatte im heurigen Jahr einen starken Anstieg von illegalen Einreisen aus einigen nichteuropäischen Staaten verzeichnet, deren Bürger derzeit ohne Visum nach Serbien reisen können. Konkrete Angaben, welche Herkunftsländer mit Jahreswechsel von den strengeren Visaregeln Serbiens betroffen sein würden, gab es bei der Pressekonferenz zwar nicht. Es hieß aber im Umfeld, dass eine verschärfte Regelung für die besonders betroffenen Länder wie Indien oder Tunesien in Aussicht stehe.

Die drei Spitzenpolitiker kündigten angesichts des Anstiegs von Flüchtlingsströmen über die Balkanroute weitere trilaterale Folgetreffen zum Thema Migration an. Neben Gesprächen auf Beamtenebene soll es unter anderem in den nächsten Tagen eine Zusammenkunft von Fachministern in Belgrad und später auch ein hochrangiges Treffen in Wien geben, sagte Orbán vor Journalisten.

Orbán fordert Hotspots außerhalb der EU

Der ungarische Regierungschef, der seit der Flüchtlingskrise 2015 für seine harte Migrationspolitik bekannt ist, forderte seinerseits drei Maßnahmen: Das "Verschieben der Schutzlinie so weit wie möglich nach Süden" - zunächst von der serbisch-ungarischen zur nordmazedonisch-serbischen Grenze und dann weiter. Weiters sollte die Europäische Union die Rückführungen von Migranten, die kein Asyl erhalten, selbst in die Hand nehmen. Und drittens sollten Hotspots außerhalb der EU errichtet werden, wo ausschließlich Asylanträge für die Union gestellt werden dürften.

Nehammer stimmte in weiten Teilen den Forderungen Ungarns zu. Die EU sollte als Gemeinschaft gegenüber den Herkunftsländern auftreten und gemeinschaftliche Rückführungsabkommen abschließen. Durch wirtschaftliche Kooperation und "Zusammenarbeit auf Augenhöhe" könnte man dabei eine "Win-Win-Situation schaffen", hofft der Kanzler. Weiters müsse der europäische Grenzschutz verstärkt werden, forderte er. Gleichzeitig erteilte Nehammer der Verteilung von Asylbewerbern innerhalb der EU erneut eine Absage. "Das Asylsystem der EU ist gescheitert. Das ist mehr als dramatisch", formulierte er. Die betroffenen Mitgliedstaaten müssten nun die Folgen davon tragen.

Der Kanzler wurde auch auf jüngste Berichte angesprochen, wonach sich österreichische Polizisten an der Misshandlung von Migranten an der serbisch-ungarischen Grenze beteiligt hatten. Nehammer antwortete darauf, bei Vorwürfen werde immer ermittelt: "Es gilt abzuwarten und das Ergebnis zu prüfen."

Vučić unterstrich seinerseits: "Serbien will kein Hotspot werden, wir wollen nicht, dass die Migranten bei uns parken." Bei den Folgetreffen soll ein Aktionsplan ausgearbeitet werden, kündigte der serbische Präsident an. Serbien habe seit der Flüchtlingskrise 2015 zwar keine konkreten Angebote der EU zum Management der Migrationssituation bekommen, man sei aber auch nicht kritisiert worden, sagte er.

Viele Anträge aus Indien oder Tunesien - ohne Chance

Von Jänner bis August 2022 sind 56.149 Asylanträge in Österreich gestellt worden. Das bedeutet eine Steigerung zum Vergleichszeitraum des Vorjahres von 195 Prozent. An der Spitze stehen in der Jahresstatistik zwar weiterhin die Herkunftsländer Afghanistan und Syrien, doch habe es bei Ländern wie Indien und Tunesien zuletzt eine dramatische Steigerung auf mehr als das Zwanzigfache gegeben, teilte das Bundeskanzleramt mit. Es gebe damit immer mehr Asylanträge von Menschen, die aufgrund ihres Herkunftslandes praktisch keine Chance auf Asyl hätten, hieß es.

Ungarn und Serbien sind beide seit Jahren stark von den Flüchtlingsströmen über die Balkanroute betroffen. Ungarn hatte im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 Zäune an seinen Südgrenzen zu Serbien und Kroatien errichtet und tritt seitdem hart gegen illegale Migration auf. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das Land dafür wiederholt verurteilt, NGOs beklagen seit Jahren Misshandlungen von Asylsuchenden und Zurückweisungen (Pushbacks) nach Serbien. Österreich entsendet seit dem 3. August 2020 Polizistinnen und Polizisten an die ungarisch-serbische Grenze für den Dienst in "gemischten Streifen". Die Zahl soll nun von 50 auf 70 Beamtinnen und Beamte aufgestockt werden.

Ungarn erhöht und verlängert Grenzzaun

Der ungarische Grenzzaun soll nun auch erhöht und verlängert werden, hieß es vonseiten des Bundeskanzleramtes im Vorfeld des Gipfels. Derzeit sei dieser 175 km lang und 4 Meter hoch, er soll demnach nun um 11 km verlängert sowie um einen Meter erhöht werden.

Nach offiziellen Angaben wurden heuer von Jänner bis September an der ungarischen Südgrenze 178.000 illegale Grenzübertritte verhindert. 2021 lag die Zahl im gesamten Jahr bei 122.000. In den ersten sieben Monaten des Jahres wurden in Serbien nach Angaben des Belgrader Zentrums für Asylhilfe mehr als 65.000 Flüchtlinge registriert. Nach den Worten des Zentrumsleiters Dragos Djurovic halten sich im Balkanland im Durchschnitt ständig etwa 10.000 Flüchtlinge auf, von denen allerdings nur 4.500 in Aufnahmecamps untergebracht sind.

(APA)

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