Smarte Assistenten

Wie Alexa, Siri und Co. Kindern in der Entwicklung schaden können

Clemens Fabry/Die Presse
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Für Erwachsene sind smarte Assistenten ein hilfreiches Werkzeug. Zwei Forscher beleuchten nun die negativen Auswirkungen auf Kinder.

"Hey Siri, Uhrzeit?", "Alexa, spiele Hits der 80er", "Aktiviere das Licht im Wohnzimmer": Die Beliebtheit von smarten Lautsprechern nimmt zu und damit auch der Befehlston. So funktionieren Alexa, Siri und Google nunmal. Der Nutzen wiegt für viele stärker als der Datenschutz. Doch nun beleuchten die Forscher Anmol und Ananya Arora der School of Clinical Medicine an der University of Cambridge den möglichen negativen Einfluss der smarten Lautsprecher auf Kinder.

In dem Thesenpapier beleuchten sie drei für Kinder kritische Aspekte. Darunter die möglichen Gefahren bei der Nutzung. Als Beispiel nennen sie einen Fall aus 2021, in dem Alexa auf den Wunsch einer Zehnjährigen nach einer Herausforderung die "Penny-Challenge" vorschlug: „Stecke ein Smartphone-Ladegerät etwa zur Hälfte in eine Steckdose und berühre dann mit einer Münze die freiliegenden Stifte“, berichtete die Mutter auf Twitter. Die Tochter sei nicht empfänglich für solche Aufforderungen, aber für sie selbst sei dieser Vorschlag ein großer Schock gewesen, führte die Mutter weiter aus.

Hintergrund ist, dass Alexa auf Webergebnisse für ihre Antworten zurückgreift. Genau so leitete die Assistentin auch ihren Vorschlag ein, mit einem Netzfund. Die "Penny Challenge" verbreitete sich, wie die meisten fragwürdigen Herausforderungen, zuerst auf Tiktok, dann schwappte sie auf andere Social-Media-Plattformen. Unnötig zu erwähnen, dass derartige Aktionen sehr gefährlich sein können.

Antworten immer und überall

Wir merken es selbst, wie schnell der Griff zum Handy folgt oder eine Frage direkt an Alexa oder Siri weitergeleitet wird. Selbst ein bisschen länger darüber nachzudenken und versuchen, sich die Antwort selbst herzuleiten, verschwindet zunehmend. Wieso auch lange nachdenken, wenn die Antwort nur einen Sprachbefehl entfernt ist. Dabei haben Erwachsene noch gelernt, zu lernen. Die Forscher gehen bei ihrem Thesenpapier einen Schritt weiter: Smarte Lautsprecher verhindern die Lernmöglichkeiten. Stellt ein Kind eine Frage an seine Eltern, führt dies im Idealfall zu einem Dialog. Siri und Alexa aber beantworten das Gefragte. Die smarten Assistenten haben kein Interesse daran, den Kontext einer Frage zu erfahren, oder gar eine ausführliche Erklärung zu liefern.

Dabei geht ein wichtiger Faktor verloren: der Wissenstransfer. Dieser Prozess fördert das logische Verständnis und das kritische Denken.

Soziale Komponente

Wie eingangs bereits erwähnt, sind die smarten Lautsprecher nicht unbedingt Verfechter von Höflichkeit und Etikette. Dass sich dies leicht in das Verhalten der Nutzer in den Austausch mit anderen Menschen übertragen kann, wurde im Haushalt der hier schreibenden Autorin bemerkt. Der Ehegatte verdonnerte sie zur höflichen Anrede von Alexa und Siri, "um nicht vollständig jegliches Bitte und Danke zu verlernen". Mittlerweile hat zumindest auch Alexa dank des Updates der "Magic Word"-Funktion dies übernommen. Sie verabschiedet sich auch, wenn man ihr einen schönen Tag wünscht.

Für Kinder, die sich noch in der sozialen Entwicklung befinden, ist dieser Umgang nicht sonderlich hilfreich, schreiben die Forscher in ihrem Papier. Alexa, Siri und Google können zudem nicht einschätzen, ob die Art und Weise wie der Sprachbefehl vorgetragen wurde, höflich war oder vielleicht genau das Gegenteil, wodurch das direkte Feedback, das es normalerweise von einem Erwachsenen erhält, fehlt. "Die mangelnde Fähigkeit, sich auf nonverbale Kommunikation einzulassen, macht die Verwendung der Geräte zu einer schlechten Methode, um soziale Interaktion zu lernen", halten dazu die Forscher fest.

>>> Thesenpapier

Doch es gibt durchaus auch positive Aspekte: Untersuchungen deuten darauf hin, dass Sprachassistenten positiven Einfluss auf einsame Menschen haben. Diese Rolle müsse aber noch genauer erforscht werden.

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