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CEO-Breakfast

„Wir müssen jede Anstrengung unternehmen“

„Klare Kommunikation ist ein Teil von klarer Führung“, sagte Salzburg-AG-CEO, Leonhard Schitter, beim CEO-Breakfast vor rund 20 Topentscheidungsträgern im Wiener k47 im Gespräch mit „Presse“-Chefredakteur und -Herausgeber Rainer Nowak.
„Klare Kommunikation ist ein Teil von klarer Führung“, sagte Salzburg-AG-CEO, Leonhard Schitter, beim CEO-Breakfast vor rund 20 Topentscheidungsträgern im Wiener k47 im Gespräch mit „Presse“-Chefredakteur und -Herausgeber Rainer Nowak.(c) Günther Peroutka
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Management. Der langjährige CEO der Salzburg AG, Leonhard Schitter, fordert in der Krise eine ehrlichere Kommunikation. Und er fordert mehr Engagement, erneuerbare Energiequellen zu erschließen.

Es müsse „viel klarer und offener kommuniziert“ werden. Es sei „realistisch“, dass irgendwann kein Gas aus Russland nach Österreich fließen werde. Einige Wochen könne man aushalten, dauere der russische Gaslieferstopp aber länger, müsse die Regierung Energielenkungsmaßnahmen setzen. „Da kommen noch viele Fragen auf uns zu.“ Das sagte Leonhard Schitter, CEO des Infrastrukturunternehmens schon im Juli im ZiB 2-Interview. Damals erregte er viel Aufsehen, weil er als Erster die Lage sehr konkret angesprochen hatte.

Vor wenigen Tagen erneuerte Schitter im Gespräch mit „Presse“-Herausgeber und -Chefredakteur Rainer Nowak beim CEO-Breakfast seine Mahnung: Die Energiewirtschaft und die Politik sollten nicht verschweigen, dass die Energieversorgung keineswegs so sicher sei, wie das immer wieder behauptet werde. „Klare Kommunikation ist ein Teil von klarer Führung“, sagte er vor rund 20 Topentscheidungsträgern im Wiener k47.

Es reiche nicht, Ankündigungspolitik und politischen Aktionismus zu betreiben. Für solchen hält er die Gespräche der Politik in der ersten Phase des Ukraine-Kriegs mit andern Anbietern außerhalb Russlands. Das sei teils sehr unkoordiniert passiert und habe unter Umständen sogar den Preis getrieben. Für Aktionismus hält er auch die Aktivitäten diverser Politiker, um Flüssigerdgaslieferungen (Liquefied Natural Gas/LNG) zu ergattern: Schließlich funktioniere das nicht auf Knopfdruck. Neben den Verträgen mit den Herkunftsländern benötige man die entsprechenden Terminals, Transportkapazitäten und so weiter.

Zu Gast beim CEO-Breakfast waren u. a. Roland Falb (Roland Berger), Gerlinde Layr-Gizycki (Inamera), Hannes Hecher (Schiebel Elektronische Geräte).
Zu Gast beim CEO-Breakfast waren u. a. Roland Falb (Roland Berger), Gerlinde Layr-Gizycki (Inamera), Hannes Hecher (Schiebel Elektronische Geräte). (c) Günther Peroutka

Heute seien Österreichs Gasspeicher zu etwa knapp 80 Prozent gefüllt, zum Teil aber habe man auch versucht zu substituieren und von Gas auf Öl umgestellt. Was aber bedeute, dass die Energieversorgung ab Jänner, Februar nicht gesichert sei, wenn es tatsächlich zu einem Lieferstopp der russischen Vertragspartner komme. Das auch deshalb, weil für den Betrieb mancher Anlagen ein konstanter Gasfluß notwendig sei.

Mitunter aber frage er sich: „Welche Krise braucht es noch, damit ein Umdenken einsetzt?“ Etwa, dass die erneuerbaren Energiequellen ausgebaut werden. So wie es europaweit bis 2030 geplant ist. Um von russischem Gas unabhängig zu werden. Die Abhängigkeit von ebendiesem sei über Jahre ausgebaut worden, „weil es billiges Gas war“. Lange war der Handel damit „ein Friedensprojekt“, doch jetzt habe die Abhängigkeit von Russland die Entsolidarisierung in Europa beschleunigt. Und noch etwas sagte Schitter zum Gas aus Russland: „Selbst wenn wir jetzt die Zusammenarbeit beenden, unsere Abhängigkeit wird weitere drei bis fünf Jahre nachwirken.“ Unabhängig zu werden, verlange jedenfalls Investitionen.

Was Schitter dringend empfiehlt, ist eine Liste zu erstellen, mit den wichtigsten 100 bis 200 Projekten für den Ausbau der Erneuerbaren und der dazu nötigen Infrastruktur. „Diese Projekte sollten wir politisch außer Streit stellen und schnellere Verfahren ermöglichen.“
Angelehnt an das deutsche Modell schlägt er vor, eine Ombudsstelle einzurichten, die diese Projekte koordiniert. Sie sollte weisungsfrei sei und die wichtigsten Interessen einbinden.

Damit sollten dann Situation verhindert werden, wie sie die Salzburg AG rund um das geplante Salzachkraftwerk Stegenwald bei Werfen im Pongau erlebt. Seit mehr als zwölf Jahren laufe das Verfahren mittlerweile. Trotz eines positiven Bescheids habe die Landesumweltanwaltschaft beim Verwaltungsgerichtshof kürzlich einen Einspruch gegen den Bau eingebracht – was weitere, unabsehbare Verzögerungen mit sich bringen wird.

Unter den Gästen: Peter Koren (Industriellenvereinigung) und Manuela Lindlbauer (Lindlpower)
Unter den Gästen: Peter Koren (Industriellenvereinigung) und Manuela Lindlbauer (Lindlpower)(c) Günther Peroutka

Alle Dächer Wiens, Linz’, Graz’

Nicht nur deswegen hält Schitter es für ausgeschlossen, das Ziel zu erreichen, bis zum Jahr 2030 100 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen.
Dazu müssen in Österreich zusätzlich 27 Terrawattstunden (TWh) durch erneuerbare Energiequellen produziert werden. „Das ist so viel wie Dänemark verbraucht.“ Um diese 27 TWh zu erreichen, müssen elf TWh aus Fotovoltaikanlagen kommen, zehn TWh aus der Windkraft und sechs TWh aus der Wasserkraft. „Um das zu erreichen, müssten wir alle 2,5 Jahre ein Wasserkraftwerk in der Dimension von jenem des Donaukraftwerks in der Wiener Freudenau fertigstellen, alle zwei Tage eine Windkraftanlage in Betrieb nehmen und alle vier bis fünf Minuten eine Fotovoltaikanlage anschließen.“ Und in Summe würde das bedeuten, die Dachflächen von Wien, Linz und Graz zu nutzen. Ein Blick über die Dächer Wiens zeige, wie weit man davon entfernt sei. Dennoch, sagt Schitter, „wir müssen jede Anstrengung unternehmen, um es doch zustande zu bringen und das Ziel zu erreichen“.

Das Gebot der Stunde aus seiner Sicht lautet: Energiesparen. Bei der Fernwärme zeige sich: Die Raumtemperatur um ein Grad abzusenken, spare sechs bis sieben Prozent Gas. „Der Hebel ist groß“, sagt Schitter. Die Bitte der Bundesregierung, Energie zu sparen, sei „gut gemeint, bleibt aber ohne Auswirkung. Selbst bei den öffentlichen Gebäuden“, sagt er. Offenbar braucht es dafür eine verbindliche Anordnung.

Energie zu sparen, sei nicht nur ökologisch und versorgungstechnisch notwendig, sondern auch finanziell geboten. Davor, das viel diskutierte „Merit-Order-Prinzip“ – die Regel, dass das teuerste Kraftwerk, das für die Stromversorgung notwenig ist, den Preis bestimmt (derzeit sind das die Gaskraftwerke) – abzuschaffen, warnt Schitter allerdings. Es sei ein „gutes Instrument, das bis jetzt hervorragend funktioniert hat“ und in Normalzeiten die erneuerbare Energieerzeugung fördert. „Es abzuschaffen, würde zwei, drei Jahre dauern und würde das Marktdesign grundlegend verändern“, sagt Schitter. „Wenn sich die Situation entspannt, müssen wir es in zwei, drei Jahren wieder zurückführen.“

Unter den Gästen: Daniel Serafin (Arenaria), Elisabeth Gürtler (Astoria Seefeld) und Ralf-Wolfgang Lothert (JTI)
Unter den Gästen: Daniel Serafin (Arenaria), Elisabeth Gürtler (Astoria Seefeld) und Ralf-Wolfgang Lothert (JTI)(c) Günther Peroutka

Viel Neues hingegen hat Schitter in den mehr als elf Jahren an der Spitze der Salzburg AG in seinem Haus eingeführt. Als er ins Unternehmen kam, sei es „langsamer, weniger modern, weniger innovativ“ gewesen, als er es sich vorgestellt hatte. Er baute das Unternehmen um in Richtung Green-Tech, Erneuerbare und digitale Produkte. „Ich wollte das Unternehmen modern aufstellen.“ Das sei, sagt er angesichts des bevorstehenden Wechsels zur oberösterreichischen Energie AG, die fast doppelt so groß ist, auch gelungen. Auch wenn sein „neuer Spirit nicht immer nur auf massive Gegenliebe gestoßen“ sei. Aus heutiger Sicht, sagt Schitter, „hätte ich manchmal das Tempo rausnehmen können. Doch das Tempo war gleichzeitig wichtig für die Umsetzung.“

Apropos Tempo: Das ist auch wichtig, um die großen Energiefragen in Angriff zu nehmen – und darauf ehrliche Antworten zu geben.

Information

Das CEO-Breakfast „Ein Land steht unter Strom“ fand auf Einladung von „Die Presse“ statt und wurde finanziell unterstützt von der Salzburg AG.


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