Rohölpreise

Opec+ will die Ölförderung drosseln

APA/ANDREAS TRÖSCHER
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Trotz westlicher Appelle senken die Ölproduzenten der Opec+ die Förderung, statt sie zu steigern.

Die US-Regierung sieht ein „totales Desaster“ auf den Westen zukommen: Die wichtigsten Ölförder-Länder unter Führung von Saudi-Arabien und Russland haben am Mittwoch eine drastische Kürzung der Ölförderung beschlossen – das Gegenteil von dem, was Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden bei ihren Besuchen in Saudi-Arabien erreichen wollten. Während Amerika und Europa in der Energiekrise die Ölpreise möglichst niedrig halten wollen, treibt die Öl-Führungsmacht Saudi-Arabien zu Beginn der kalten Jahreszeit auf der Nordhalbkugel den Preis hoch. Ein Nutznießer ist Russland. Verbraucher in Europa und Amerika könnten die Verlierer sein.

Beschlossen wurde die Senkung der Ölförderung bei einem Treffen der Gruppe Opec-Plus in Wien. Die Mitglieder der Gruppe – die Staaten des Ölkartells Opec und wichtige Förderländer wie Russland – beschlossen, ab November zwei Millionen Barrel (je 159 Liter) am Tag weniger fördern zu lassen als bisher, das entspricht zwei Prozent der weltweiten Produktion. Die meisten Beobachter hatten eine mildere Absenkung der Produktion erwartet.

Die Ölpreise, die in den vergangenen Tagen in der Erwartung der Entscheidung schon angezogen hatten, stiegen nach dem Wiener Beschluss weiter auf zwischenzeitlich knapp 93 Dollar pro Barrel; das ist zwar weit niedriger als der Höchststand von mehr als 130 Dollar pro Barrel unmittelbar nach Ausbruch des Ukraine-Krieges, aber zehn Dollar höher als im September. Damals hatten Befürchtungen, dass wichtige westliche Industrienationen in eine Rezession rutschen könnten, sowie Bedenken wegen der Auswirkungen der anhaltenden Corona-Einschränkungen auf die chinesische Wirtschaft den Preis gedrückt.

Preis soll steigen

Nun kürzen die Ölproduzenten das Angebot, um den Preis hochzutreiben. Opec-Plus hatte mit dem Ende der Pandemie die Förderung zunächst schrittweise angehoben. Im September trat die Gruppe dann auf die Bremse, indem sie die Fördermenge leicht um 100.000 Barrel pro Tag reduzierte. Jetzt geht Opec-Plus wesentlich weiter. Die „New York Times“ zitierte Analysten mit der Einschätzung, Saudi-Arabien strebe einen Ölpreis von dauerhaft mehr als 90 Dollar pro Barrel an.

Der Opec-Plus-Beschluss ist eine Ohrfeige für die USA und Europa. Vor dem Wiener Treffen hatte die US-Regierung nach einem Bericht von des Nachrichtensenders CNN alles versucht, um das „totale Desaster“ abzuwenden: US-Regierungsbeamte beschworen demnach ihre Kollegen in den arabischen Golf-Staaten, auf Kürzungen zu verzichten.

Doch die Appelle verhallten ungehört. Die Golf-Staaten setzen auch ihre Zusammenarbeit mit Russland in Opec-Plus ungeachtet des Ukraine-Krieges fort. Moskau braucht höhere Ölpreise, um trotz der westlichen Sanktionen noch Geld zu verdienen. Wenn die EU wie angekündigt im Dezember ihre Ölimporte aus Russland wegen des Ukraine-Krieges stoppt, braucht die russische Regierung umso dringender möglichst hohe Einnahmen aus den Lieferungen an andere Kunden.

Offenbar erwarteten die arabischen Öl-Staaten nach dem Wiener Treffen scharfe Kritik des Westens und bemühten sich deshalb, den Beschluss kleinzureden. Es handle sich um eine rein technische – und keine politische – Entscheidung, ließen sie in Wien verlauten. Damit meinten sie, dass einige Opec-Plus-Länder schon jetzt weniger produzieren, als sie nach den Regeln der Gruppe produzieren dürften. Russland zum Beispiel blieb nach Angaben der Internationalen Energie-Agentur IEA im August 1,2 Millionen Barrel am Tag unter der von Opec-Plus erlaubten Höchstmenge von elf Millionen Barrel am Tag – eine Folge der westlichen Sanktionen, weil Ersatzteile fehlen. Andere Ölländer wie Nigeria haben technische Probleme und kommen deshalb nicht an ihre Quoten heran.

„Feindseliger Akt“

Trotzdem war die Entscheidung vom Mittwoch aus Sicht des Westens mehr als eine Formsache zur Korrektur unrealistischer Quoten. Laut CNN war im Weißen Haus von einem „feindseligen Akt“ die Rede. Fünf Wochen vor den Kongresswahlen in den USA sind steigende Benzinpreise schlecht für Bidens Demokraten. Auch europäische Politiker wie Scholz sehen sich Kritik der Wähler wegen hoher Energiepreise ausgesetzt. Wenn vor dem Winter als Folge der Opec-Plus-Entscheidung die Sprit- und Heizölpreise steigen, könnte der Unmut wachsen.

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