Interview

"Das Modell Meloni kann einen Dominoeffekt auslösen"

Commemorative Figurine Of Queen Elizabeth II Made For Christmas Nativity
Commemorative Figurine Of Queen Elizabeth II Made For Christmas Nativity(c) Getty Images (Laura Lezza)
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Der französische Politologe Gilles Gressani über Italien als Vorbild für Europas Rechtspopulisten.

Die Presse: Mit Giorgia Melonis Fratelli d'Italia gelangt erstmals eine rechtsradikale Partei an die Spitze eines wichtigen EU-Landes. Italien war im 20. Jahrhundert oft Laboratorium für Populismen und Extremismen. Macht nun das Modell Meloni Schule?

Gilles Gressani: Ihr Sieg löste gegensätzliche Reaktionen aus: Die einen warnten vor einem neuen Faschismus, andere verharmlosten radikale Elemente der Partei. Beide Deutungen übersehen, was wirklich relevant ist – und zwar Giorgia Melonis „technischen Souveränismus“: Meloni hat nicht etwa um zornige Wähler geworben, sondern gezielt moderate Gruppen angesprochen. Sie hat Themen in ihr Programm integriert, die für diese Gruppen wichtig sind, bewegt sich im Rahmen der EU- und Nato-Mitgliedschaft. Geopolitisch hat sie sich überzeugend an die Seite der Ukraine gestellt, in der EU-Politik verzichtet sie auf Italexit, bekennt sich zum Euro, droht nicht mehr mit unilateralem Bruch mit der EU. Meloni schloss also einen Pakt mit staatlichen Technokratien. Aber bei soziokulturellen Themen (Familie, Migration, Frauen, Rechten Homosexueller) bleibt sie radikal. Sie hat sich nicht gemäßigt, sondern „institutionalisiert“. Ihr Modell könnte europaweit als Vorbild dienen und einen Dominoeffekt auslösen.

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