Datenskandal

Datensammlung der Post: Kein Anspruch auf Schadenersatz

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Die Grenze zwischen bloßem Ärger und echtem Schaden sei unscharf, befindet der Europäische Gerichtshof, der sich mit der Frage beschäftigte, ob die von der Post erstellten Analysen zur Partei-Affinität einen Schadenersatz rechtfertigen.

Wie hoch ist der Schaden, wenn man von der österreichischen Post in verschiedene Kategorien eingeteilt wird, um diese Daten dann an Werbetreibende oder auch Parteien weiter zu verkaufen? Werden Bio-Lebensmittel bevorzugt, greift man zu Fleischersatz und welcher Partei ist man zugewandt? Entsteht dadurch ein Schaden, der einen Ersatz rechtfertigt? Mit dieser Frage beschäftigte sich nun ausgiebig der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Der Datenskandal liegt bereits drei Jahre zurück. Die Datensammlung wurde schnell vom Obersten Gerichtshof untersagt, unabhängig davon, ob sie, wie Post-Chef Georg Pölzl betonte, anonymisiert erhoben wurden: "Niemand wurde ausspioniert“. Ein Betroffener sah das anders und verlangte 1000 Euro Schadenersatz.

Daraufhin wandte sich der Oberste Gerichtshof in Wien an den EuGH um die Frage zu klären, ob bei der Verletzung des Datenschutzes auch dann Schadenersatz eingeklagt werden kann, wenn immaterieller Schaden entstanden ist. Der Kläger hatte vorgebracht, dass die ihm zugeschriebene politische Affinität eine Beleidigung sowie beschämend und kreditschädigend sei. Das Verhalten der Post AG habe bei ihm das Gefühl einer Bloßstellung ausgelöst.

Bloßer Ärger reicht nicht aus

EuGH-Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona meinte dazu in seinen Schlussanträgen von heute, dass für die Anerkennung eines Anspruchs auf Ersatz des Schadens, den eine Person infolge eines Verstoßes gegen die genannte Verordnung erlitten hat, die bloße Verletzung der Norm als solche nicht ausreicht, wenn mit ihr keine entsprechenden materiellen oder immateriellen Schäden einhergehen. Das teilte heute der EuGH in einer Aussendung mit. Der Anspruch auf Schadenersatz sei nicht gegeben, da kein Schaden entstanden sei. Wobei die Grenze zwischen bloßem Ärger und echtem Schaden unscharf sei. Die Abgrenzung obliege den Gerichten der Mitgliedsstaaten.

In der Angelegenheit liegen bereits zwei Urteile vor. Das Erstgericht wies den Schadenersatzanspruch ab, das Berufungsgericht bestätigte dies. Es führte aus, dass nicht mit jedem Verstoß gegen den Datenschutz automatisch ein Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden einhergehe. Gegen das Urteil wurde Revision beim Obersten Gerichtshof eingelegt, der sich wiederum im Mai 2021 an den EuGH wandte.

EuGH muss Einschätzung nicht folgen

Der heutige Schlussantrag von Generalanwalt Sánchez-Bordona ist kein Urteil, sondern vergleichbar mit einem Gutachten, dem die Richterinnen und Richter am EuGH nicht folgen müssen. Aufgabe der Generalanwälte ist es, die Richter bei ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen. Einen Termin für die EuGH-Entscheidung gibt es noch nicht. Nach dem EuGH-Urteil wandert die Causa wieder zurück an die heimische Justiz, die über die konkrete Klage entscheiden muss. Sie ist dabei an die Rechtsauslegung des EuGH gebunden.

Angelaufen ist die Causa im Jahr 2017. Damals begann die börsennotierte Post als Adressenverlag Informationen zu den Parteiaffinitäten zu erheben. Mithilfe eines Algorithmus definierte sie anhand bestimmter soziodemografischer Merkmale Zielgruppenadressen. Im Oktober 2019 verhängte die Datenschutzbehörde dazu eine Strafe in Höhe von 18 Mio. Euro, diese wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom November 2020 aufgehoben und das Strafverfahren beendet.

(bagre)

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