Weltweit schneiden sich Frauen als Geste der Solidarität mit den Protesten gegen das iranische Regime ihre Haare ab. Das EU-Parlament verurteilt den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini als „Mord“.
Um ein Zeichen der Solidarität mit den iranischen Frauen zu setzen, die seit Wochen für Freiheit und Selbstbestimmung auf die Straße gehen, schneiden sich Frauen auf dem ganzen Globus ihre Haare ab. Eine solche Szene spielte sich auch am Redepult des Europaparlaments in Straßburg ab.
„Bis Iran frei ist, wird unsere Wut größer sein als die Unterdrücker. Bis die iranischen Frauen frei sind, werden wir euch beistehen“, so die Worte der schwedischen EU-Abgeordneten Abir Al-Sahlani, bevor sie zu einer Schere griff und sich ihren Zopf abschnitt. „Frauen, Leben, Freiheit“, verkündete sie auf Kurdisch und Englisch.
Im Protest gegen die vermutliche Tötung der 22-jährigen Mahsa Amini riskieren die Menschen im Iran, vor allem Frauen, derzeit viel. Sie skandieren „Frauen, Leben, Freiheit“, zeigen sich ohne Kopftuch, verbrennen es, sprechen sich gegen das System der Islamischen Republik aus. Die Sicherheitskräfte gehen mit harter Hand gegen sie vor, Demonstranten wurden auch getötet.
Dieses Video aus den sozialen Medien zeigt, dass der Protest auch die Jüngsten erreicht hat: Kinder in einer Schule trauen sich, gegen das Regime aufzubegehren.
Europaparlament verurteilt „Mord“, Teheran reagiert auf Warnungen
Das Europaparlament verurteilt die Gewalt gegen systemkritische Proteste im Iran und fordert Strafen für die "Mörder" der 22-jährigen Mahsa Amini. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte einer entsprechenden Resolution am Donnerstag zu, wie das Parlament mitteilte. Auch Sicherheitskräfte, die an Gewalt gegen Demonstrationen beteiligt gewesen seien, sollten bestraft werden. Die Abgeordneten forderten zudem eine unparteiische Untersuchung des Todes von Amini.
Der EU-Außenbeauftragte, Josep Borrell, hatte zuvor auf ein Ende der Gewalt im Iran und die Freilassung festgenommener Demonstranten gedrängt. Borrell erklärte am Donnerstag auf Twitter, er habe gegenüber seinem iranischen Kollegen Außenminister Hossein Amirabdollahian auch betont, dass die für den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit müssten gewährt sein, forderte Borrell. "Die EU erwägt alle Optionen", sagte er mit Blick auf mögliche EU-Maßnahmen wegen der Unterdrückung der Proteste im Iran.
Teheran wiederum warnte die Europäische Union vor voreiligen Schritten aufgrund der Demonstrationen. "Friedliche Proteste gehören zu den Grundrechten der iranischen Bürger, aber Brandanschläge auf Banken, Krankenwagen und öffentliche Einrichtungen haben mit Protesten nichts mehr zu tun", sagte Amirabdollahian. Der Fall der verstorbenen Amini werde untersucht. Aber die EU solle keine unsachlichen Maßnahmen ergreifen, so der iranische Außenminister. "Falls aber doch, dann wird der Iran auf die adäquat reagieren", warnte er - ohne Details zu nennen.
Hintergrund
Auslöser der anhaltenden Demonstrationen im Iran war der Tod der 22-jährigen Amini Mitte September. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" festgenommen. Was mit Amini danach geschah, ist unklar. Die Frau fiel ins Koma und starb am 16. September in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben; die Polizei weist das zurück. Seit dem Tod der Frau demonstrieren landesweit Tausende gegen den repressiven Kurs der Regierung der islamischen Republik sowie den Kopftuchzwang.
(bsch/APA/dpa)