Der Glascontainer bleibt am Sonntag bitte still

Clemens Fabry
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Das Ungerade gerade sein lassen - über Unterschiede im Alltäglichen am Beispiel der Schweiz.

Eine Schweizer Kollegin und ich plaudern über die Dinge, die unsere Länder voneinander unterscheiden. Das Altglas, sage ich. Und als Erläuterung: Mein Bruder lebe in Zürich und wollte am Sonntag nach einer Geburtstagsfeier ein paar Flaschen im Container entsorgen. Die Schweizer Freunde hielten ihn entsetzt zurück: Das Einwerfen von Glas sei am Sonntag verboten und werde streng geahndet.

Bei uns, sage ich, würde man gar nicht wissen, wie das denn geregelt sei mit den Zeiten, und wenn man dann doch einmal am Sonntag das Bedürfnis habe, die Überreste der Woche zu entsorgen, dann würde man das wohl auch tun. Ausnahmsweise natürlich. Einmal ist kein Mal und so. Die Schweizerin sieht mich verdattert an: „Aber wenn das jeder tut?“

Das ist wohl genau der Unterschied zwischen uns. Beim Parkschein ein paar Minuten herauszuschinden, kurz vor Geschäftsschluss noch in den Supermarkt zu schlupfen, bei Rot über die Straße zu gehen. Das Ungerade einmal gerade sein zu lassen, sich ein bisschen durchzulavieren. Viele finden das charmant, manche aber meinen, es habe wohl einen Grund, warum die Schweiz so gut dastehe. Pünktlich wie die Schweizer Uhr ist man ehrlicherweise aber auch in Vorarlberg (und „ghörig“ noch dazu). Wie die Glascontainer-Situation in Dornbirn aussieht, muss noch recherchiert werden.

Was ihr wiederum in Wien auffalle, revanchiert sich nun die Kollegin, sei, ständig kommentiert zu werden, auch von Fremden. Menschen fühlten sich bemüßigt, Tätigkeiten der anderen, und sei es nur das ungelenke Öffnen einer Tür, mit einer Bemerkung zu versehen. Verwundert habe sie etwa ein „Na fesch“, vernommen, als ihr etwas im Supermarkt runterfiel und zerbrach.

Das war mir bisher gar nicht so bewusst, aber es stimmt. Letztens, beim Glascontainer, entsorgt wurden viele Weinflaschen (lang gesammelt), ging jemand vorbei und sagte: „Respekt.“ In der Schweiz hätte er wohl die Polizei geholt.

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