Geschmacksfrage

Wo Präsidenten einkehren (sollten)

Das Penello: ziemlich schick, mit wirklich guten Gerichten.
Das Penello: ziemlich schick, mit wirklich guten Gerichten.beigestellt
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Keine Wahlempfehlung, aber ein Restaurant, das auch Van der Bellen besucht.

Muss man auch leere Versprechen ­halten? Oder füllt man sie einfach wie Tortellini? Ich habe Ihnen vergangene Woche Alexander Van der Bellen versprochen, immerhin wählen wir einen Präsidenten. Kulinarisch unterscheidet sich der aktuelle Präsident weniger von seinem Vorgänger Heinz Fischer als von seinen Mitbewerbern, deren Spektrum von Fabios (Wallentin) bis Heuriger (Staudinger) reicht. Eines der Van-der-Bellen-Stamm­lokale wurde unfreiwillig publik. Wir erinnern uns: In einer dieser absurden „Zwi-de-Lock“-Zeiten wurden damals harte Sperrstunden erlassen, an die sich manche nicht hielten. Der Bundespräsident wurde ein paar Minuten später im Il Sole von der Polizei erwischt, die das sofort der „Krone“ steckte. Ich kann das gut nachvollziehen, also das mit dem Länger-Bleiben. In Wien gibt es dafür immer gute Sätze. Auf die Frage: „Wann kommst du?“ sagt man immer: „Letztes Achtel.“ Auf „Wie spät wurde es gestern?“ immer: „Halb war es.“

Jedenfalls ist das Il Sole eine echte Institution, die zahlreichen Stammgäste rekru­tieren sich über Generationen aus dem ­Wiener Bürgertum, natürlich auch aus den Regimentern von Wien 19. Bühnenkünstler – Theater und Musik – kommen auch verlässlich, die Festspielpräsidentin ­meines Herzens und ich verzehren dort riesige Fische unter gewaltigen Salzkrusten-Decken, die uns den ganzen Winter warm halten würden. Der Branzino wurde jedenfalls feucht und gar zugleich serviert. Davor verkosteten wir eine wahrhaft geniale Pasta: Tagliatelle mit geschmorten Moscardini, auf Deutsch grausam übersetzt Moschuskraken. Die winzigen Kopffüßer aus der Gattung der Eledone schmecken schlicht wunderbar.

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Infos

Aber da an dieser Stelle auch wahre Neuigkeiten verkündet werden sollen: Im relativ neuen Il Pennello 1010 war ich auch, der Stadtableger einer guten, verlässlichen Pizza-Pasta-Bude aus Wien 14 entpuppt sich als ziemlich schickes, modernes Restaurant mit wirklich guten Gerichten auf der Karte, etwa einer schönen Schmor-Parmesan-Aubergine oder einem guten Stück Tuna mit Aioli. Oder einer kernigen Fregola-Pasta mit Muscheln und Bottarga. Ist ein längerer Weg von der Präsidentschaftskanzlei zum Börseplatz als zur Annagasse. Aber vielleicht mit dem Chauffeur ...Il Pennello 1010, Börseplatz 3, 1010 Wien, Tel.: +43/(0)1/532 40 12, Restaurant: Mi–So: 11–22.30 Uhr. 
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("Die Presse Schaufenster" vom 07.10.2022)

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