Der regierende Präsident Alexandr Lukaschenko wurde mit 79,7 Prozent im Amt bestätigt. Ausschreitungen überschatteten die Wahl. Demonstranten wurden niedergeknüppelt und verhaftet.
Minsk. Die Präsidentenwahl in Weißrussland ist von schweren Ausschreitungen überschattet worden. Zigtausende Menschen protestierten im Zentrum von Minsk nach der Wiederwahl von Präsident Alexandr Lukaschenko gegen die Regierung. Sie werfen ihr Wahlbetrug vor. Die Polizei reagierte mit voller Härte: Demonstranten, darunter kandidierende Oppositionsführer, wurden niedergeknüppelt. Außerdem sollen Journalisten und Fotografen von der Polizei attackiert worden sein. Insgesamt 639 Demonstranten befänden sich am Abend noch in Gewahrsam, sagte Lukaschenko bei einer Pressekonferenz. Er bestätigte, dass auch Präsidentschaftskandidat Wladimir Nekljajew unter den Festgenommenen ist.
Mit Schlagstöcken gegen Demonstranten
Die Polizei hatte die Demonstranten in Minsk zunächst zwei Stunden gewähren lassen, schritt dann aber mit Schlagstöcken ein. Ein Teil der wütenden Menge warf daraufhin Steine und Schneebälle auf die Polizisten.
Augenzeugen beobachteten, wie Regierungsgegner in Polizeifahrzeuge gezerrt wurden. Hunderte Demonstranten sollen verhaftet worden sein, darunter auch mehrere Oppositionsführer wie Andrej Sannikow und eben Nekljajew (Bild).
Präsidentschaftskandidat bewusstlos
Die Polizei hatte nach Angaben von Augenzeugen eine Versammlung von Nekljajews Partei aufgelöst und dabei Blendgranaten eingesetzt und in die Luft geschossen. Danach wurde Nekljajew bewusstlos geschlagen und nach Angaben seiner Ehefrau in seinem Krankenhausbett verhaftet.
Bei dem Einschreiten wurden Fotografen und Kameraleute von Sicherheitskräften zu Boden gebracht, um den Vorfall nicht filmen zu können.
Kurz vor dem Polizei-Einsatz hatten mehrere Oppositionelle bei einem Demonstrationszug Augenzeugen zufolge versucht, den Regierungssitz zu stürmen. Glastüren und mehrere Fenster des Gebäudes wurden eingeschlagen.
"Feiger Angriff ist wehrlos und empörend"
Am Montag hagelte es internationale Kritik an der Auflösung der Proteste. Die USA "verurteilten jegliche Gewalt zutiefst", die EU forderte die Freilassung der Oppositionellen, Deutschland drohte mit Folgen.
Das weißrussische Innenministerium erklärte unterdessen, unbewaffnete Polizisten seien auf wütende Demonstranten gestoßen: "Die Menge bewegte sich mit dem Ergebnis auf die Sicherheitskräfte zu, dass einige Polizisten verletzt und ins Krankenhaus gebracht werden mussten." Präsident Lukaschenko lobte den Polizeieinsatz und bezeichnete die Oppositionspolitiker als "Banditen": "In Weißrussland wird es keine Revolution geben", betonte er. Regierungstreue Medien berichteten von geplanten Sprengstoffanschlägen der Demonstranten.
Rückendeckung erhält das Regime in Minsk aus Moskau: Präsident Dmitrij Medwedjew sprach von einer "inneren Angelegenheit Weißrusslands". Die ehemalige Sowjetrepublik sei "eines der Länder, die Russland am nächsten stehen, egal mit welcher politischen Führung".
Lukaschenko erhielt 79,7 Prozent der Stimmen
Die Wahl hatte der seit 1994 mit harter Hand regierende Präsident Alexandr Lukaschenko nach offiziellen Angaben mit 79,7 Prozent der Stimmen klar gewonnen. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 90,66 Prozent. Schon vor dem Urnengang galt als sicher, dass der 56-jährige Lukaschenko zu einer vierten Amtszeit kommt. Keinem der neun Gegenkandidaten waren reelle Chancen eingeräumt worden.
Erstmals waren Wahlbeobachter zugelassen worden, allerdings konnten sie die Auszählung von 40 Prozent der Stimmen nicht überprüfen, da diese im Vorfeld abgegeben worden waren. Am Montag kritisierten OSZE-Wahlbeobachter dann auch, dass es bei der Wahlauszählung an Transparenz gemangelt habe.
(Ag.)