Zwist

Kataloniens separatistische Regierungskoalition zerbrochen

Nach einer Parteimitglieder-Befragung verlässt Carles Puigdemonts Junts-Partei die separatistische Koalitionsregierung. Nur noch 41 Prozent der Bevölkerung unterstützen die Unabhängigkeit, Neuwahlen drohen.

In der spanischen Konfliktregion Katalonien ist am Freitag die separatistische Regierungskoalition zerbrochen. Sollte Kataloniens Ministerpräsident Pere Aragones von den separatistischen Linksrepublikanern (ERC) keine stabile und regierungsfähige Minderheitsregierung bilden können, drohen Neuwahlen.

Auslöser für die Koalitionskrise war ein Macht- und Richtungsstreit zwischen Aragones Linksrepublikanern und der bürgerlichen Separatistenformation Junts per Catalunya (Junts) des ehemaligen Regierungschefs Carles Puigdemont. Der seit dem illegalen Unabhängigkeitsreferendum von 2017 im belgischen Exil lebende Puigdemont setzte sich mit seiner Kritik an der Dialogpolitik des größeren Koalitionspartners durch.

Bei einer Befragung der Parteibasis am Donnerstag und Freitag sprachen sich nun rund 56 Prozent der Abstimmungsberechtigten für die Auflösung der Koalition aus. Nur 42 Prozent der Parteimitglieder waren für die Fortführung der Regierungskoalition. Das berichten spanischen Medien am Freitag.

Unüberwindbarer Richtungsstreit

Der Streit zwischen beiden Separatistenformen gipfelte vergangene Woche mit Aragones Rausschmiss von Vize-Regierungschef Jordi Puigneró von der Junts-Partei. Zwischen beiden Parteien herrscht ein unüberwindbarer Richtungsstreit. Puigdemonts Parteiallianz spricht sich seit je für den frontalen Zusammenstoß mit Madrid aus, um die Unabhängigkeit Kataloniens zu erreichen. Pere Aragones sieht sich mit den politischen und juristischen Auswirkungen des gescheiterten Referendums allerdings darin bestätigt, dass nur ein legales und mit Madrid ausgehandeltes Referendum zur Unabhängigkeit führen kann - und richtete mit Spaniens sozialistischem Ministerpräsidenten Pedro Sánchez einen "Dialogtisch" ein.

Nach dem Austritt von Junts wird Ministerpräsident Pere Aragones nun als Erstes sein Regierungskabinett in Barcelona umgestalten müssen. Er kündigte bereits an, eine Minderheitsregierung bilden zu wollen. Da er jedoch nur über 33 der 135 Mandate im Regionalparlament in Barcelona verfügt, bedarf er der Unterstützung der Sozialisten oder der Linkspartei Podemos, die beide gegen den separatistischen Weg Kataloniens sind.

Nun hängt vor allem alles vom Verhalten der Sozialisten ab. Die könnten durchaus an Neuwahlen interessiert sein. Immerhin gewannen sie bereits die letzten Regionalwahlen im Februar 2021. Der Separatistenblock war jedoch stärker als Sozialisten und Podemos und übernahmen erneut die Macht.

Nur noch 41 Prozent für Unabhängigkeit

Nach Bekanntwerden des Koalitionsbruchs streckte Spaniens sozialistischer Ministerpräsident Pedro Sánchez am Freitag allerdings die Hand aus und bot Aragones im Prinzip die Unterstützung der Sozialisten im katalanischen Regionalparlament an. Sánchez braucht nämlich auch die Stimmen der Linksrepublikaner bei der Verabschiedung des Haushaltes 2023 im spanischen Parlament in Madrid.

Alles hängt nun davon ab, wie weit die Sozialisten in Katalonien die separatistische Regierungspolitik verwässern wollen, was für Aragones der politische Tod bedeuten könnte. Doch auch Neuwahlen dürften vor allem für bisherigen separatistischen Koalitionspartner zum Verhängnis werden.

Laut einer jüngsten Umfrage des staatlichen katalanischen Meinungsforschungsinistituts CEO im September sprechen sich nur noch 41 Prozent der Katalanen für die Unabhängigkeit aus, 52 Prozent sind dagegen. Zudem ist das Image beider Parteien aufgrund der politischen Gräben- und Machtkämpfe selbst unter den Unabhängigkeitsbefürworter derzeit mal als angekratzt.

(APA)

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