Leitartikel

Der Staatsmoderator und die sechs Zwerge

Wahlplakate
WahlplakateAPA/ROBERT JAEGER
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Die peinliche Präsidentschaftswahl beweist: Die Modalitäten müssen dringend geändert werden. Und es reicht dann langsam mit den alten Herren.

Diese Bundespräsidentenwahl und der davor geführte TV-Wahlkampf waren keine Sternstunden der österreichischen Demokratie, sondern stellten sich dank skurriler Kandidaten und sonderbarer Themensetzungen jenseits der wahren Probleme unserer Zeit in den Schatten wirklich wichtiger Wahlen. Generell scheinen unsere Urnengänge für das höchste Amt im Staat schwierig zu verlaufen oder zu enden – von Kurt Waldheim bis Wahlwiederholung. Die Amtsführung Alexander Van der Bellens war zwar nicht fehlerlos, aber einigermaßen tadellos. Er sah sich mehr als Staatsmoderator denn als -notar und begleitete das Land wie ein schlauer Großvater der Nation durch peinliche (Ibiza) und schwere Krisen (Pandemie.) Wirklich mutig war er wie fast alle seine Vorgänger nicht, schritt auch noch nie weit entfernt von der alten Grünen-Spur, und als Motor für notwendige Veränderungen oder Reformen stotterte er nicht einmal. Dennoch ist er von allen Kandidaten derjenige, der am ehesten und als einziger papabile ist. Dass die anderen Parteien bis auf die FPÖ keine eigenen Kandidaten ins Feld geschickt haben, mag diese Einschätzung untermauern, der Blick auf die leeren Parteikassen und die Angst vor einer Niederlage sind ihre niederen Motive. Es offenbart aber wenig Begeisterung an lebendiger Demokratie. Höflich formuliert. Dass keine Frau auf dem Wahlzettel steht, aber sieben Männer, ist die gerechte Strafe dafür: Das ist international schlicht hochnotpeinlich, meine Herren (und Damen?).

Dringend notwendig wäre, die Wahlmodalitäten zu ändern. Während 100.000 Stimmen bei einem Volksbegehren notwendig sind, damit dessen Inhalt im Nationalrat zumindest kurz debattiert und dann für die Ewigkeit schubladisiert wird, reichen 6000 lächerliche Unterstützungserklärungen, um irgendwelche Zeitgenossen und Figuren auf den Wahlzettel und so zur besten Sendezeit ins Staatsfernsehen (und in die unabhängigen privaten Medien) zu hieven. 6000 Stimmen für einen Werbewert um Millionen? Die Regelung stammt aus einer Zeit, in der Kandidaten noch auf der Straße mobilisieren und Menschen ansprechen mussten. Heute hat jeder Ex-Pressesprecher oder Kommunikationsdarsteller in den sozialen Medien genug ihm folgende, potenzielle Anhänger, um antreten zu können. Twitter-Hollywood-Superstar Armin Wolf brauchte nur drei Zeichen eines Tweets („Los“) und würde als Kandidat auf der anderen Seite des ORF-Interviews sitzen. Macht er natürlich nie.

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