Quergeschrieben

Bitte weniger Schtschjogolewismus und mehr Vernunft

Mit Geopolitik lässt sich so gut wie alles rechtfertigen. Sogar ein brutaler völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen ein souveränes Land.

In „Die Gabe“ (1938), seinem letzten Roman in russischer Sprache, ließ Vladimir Nabokov den emigrierten Oberst Schtschjogolew in einem Berliner Salon die Weltlage erklären. „Wie viele unbezahlte Schwätzer glaubte er, dass er die aus den Zeitungen zusammengeklaubten Berichte bezahlter Schwätzer zu einem wohlgeordneten System vereinigen könnte“. Schtschjogolew sah in Staaten beseelte Subjekte: „Frankreich fürchtete sich vor etwas und würde es deshalb niemals zulassen. England bezweckte etwas. Diesen Staatsmann dürstete es nach einer Annäherung, während jener sein Prestige zu steigern wünschte. Jemand plante etwas, und jemand strebte nach etwas . . . und je mehr Schlauheit, Gerissenheit und Umsicht er in ihren wechselseitigen Handlungen entdeckte, desto dümmer, gewöhnlicher und simpler wurde seine Welt.“

Nabokov starb 1977 in Montreux. Es war ihm nicht vergönnt, das Ende der Sowjetunion zu erleben, geschweige denn, wie sich der Schtschjogolewismus nach der russischen Invasion der Ukraine über die ganze Welt verbreitete. Da sich Schtschjogolewismus schwer aussprechen lässt, nennen wir die Methode lieber „Geopolitik“. Sie ist in den Augen ihrer Adepten die allerhöchste Instanz in allen Fragen von Krieg und Frieden.

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