Prozess

Kontaktmann des Wien-Attentäters wieder frei

Sehr große Anteilnahme nach dem Anschlag: Menschen brachten Kerzen und Blumen, der Terrorist war erschossen worden, er hatte vor der Tat den nunmehr verurteilten A. G. in dessen Wohnung besucht.
Sehr große Anteilnahme nach dem Anschlag: Menschen brachten Kerzen und Blumen, der Terrorist war erschossen worden, er hatte vor der Tat den nunmehr verurteilten A. G. in dessen Wohnung besucht.Die Presse/Clemens Fabry
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Der 24-jährige A. G., der in einer Wohnung in St. Pölten den späteren Wien-Terroristen empfangen hatte, bekam eine milde Strafe: 19 Monate Haft. Diese Zeit hat er bereits in U-Haft abgesessen.

Man habe Tee getrunken, Spaß gehabt, Arabisch gelernt und „gechillt“ – und ja, auch über Religion geredet und gebetet. So schilderte der Angeklagte A. G. (24) dem Richter jene regelmäßigen Treffen, die im Jahr 2020, knapp vor dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt mit vier Toten und 23 Verletzten, stattgefunden hatten. „Sie sind ein IS-Mann. Davon sind wir überzeugt“, konterte der Vorsitzende und verurteilte A. G. zu 19 Monaten Haft.

Und zwar wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation. Eben als Teil der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). A. G. nahm nach Rücksprache mit seinem Anwalt Sascha Flatz das Urteil an. Weil die Staatsanwältin vorerst keine Erklärung abgab, ist es noch nicht rechtskräftig.

Der 24-Jährige durfte sich insofern freuen, als er nach zwei Jahren U-Haft wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Denn die Zeit, die er bereits hinter Gittern verbracht hat, wird auf die verhängte Strafe angerechnet. Sein Verteidiger begrüßte die Freilassung: „Das war unser vorrangiges Ziel.“

Der Richter nahm mit Ausmessung der Strafe auf ein vorangegangenes Verfahren Bedacht. A. G. hat nämlich zuletzt fünf Monate bedingte Haft für die Beteiligung an Fahrrad-Diebstählen ausgefasst. In Summe kam A. G., ein in St. Pölten geborener und aufgewachsener Mann mit nordmazedonischen Wurzeln, glimpflich davon. Bis zu zehn Jahre Gefängnis hätten es werden können. A. G. hatte sich nicht schuldig bekannt. Er sei ein Salafist, aber dies allein sei nicht strafbar, so sein Anwalt.

“Eindeutig IS-Inhalte“

Das Gericht zeigte sich überzeugt, dass der Angeklagte in einer eigens angemieteten Wohnung in St. Pölten Treffen für IS-Befürworter veranstaltete. Bei Freitags-Predigten seien demnach „ganz eindeutig IS-Inhalte vertreten“ worden. Auch für den Vertrieb eines einschlägigen Islamisten-Buchs wurde der Mann verurteilt. Wegen untergeordneter Anklagepunkte wurde A. G. im streng bewachten Verhandlungssaal 303 des Landesgerichts für Strafsachen Wien freigesprochen. Besondere Brisanz erhielt das Verfahren, da bei den erwähnten Treffen in der Wohnung in St. Pölten wiederholt auch der spätere Wien-Attentäter K. F. dabei war (er wurde bei dem Anschlag am 2. November 2020 erschossen).

Von dem islamistischen Attentat sei im Vorfeld keine Rede gewesen, so der Angeklagte. „Ich stelle ganz klar, dass ich das, was passiert ist, bedaure.“ Der Gott, an den er glaube, gehe nicht durch Straßen und töte Menschen. Zum Attentat selbst meinte er: „Wenn ich davon gewusst hätte, hätte ich das gemeldet.“ Noch vor Urteilsverkündung mussten an diesem letzten Verhandlungstag einige jener jungen Männer in den Zeugenstand treten, die bei den Wohnungs-Treffen mit dabei waren. Sie gaben sich wortkarg und beteuerten in erster Linie zum Beten und zum Erlernen der arabischen Sprache in die Wohnung von A. G. gekommen zu sein.

Dass bei den Treffen einschlägig vorbestrafte Islamisten zugegen waren, hatte die nunmehrigen Zeugen nach eigenem Bekunden nicht gestört. Einer der jungen Männer erklärte die Hinwendung zum Gebet so: „Wir beten sowieso fünfmal am Tag. Egal, wo wir sind, Hauptsache der Boden ist sauber.“ Kommende Woche stehen sechs mutmaßliche Handlanger des Wien-Attentäters vor Gericht.

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