Die Ö1-Revolution

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Auf die ORF-Radiosender Ö1 und FM4 kommen Veränderungen zu. Das ruft Erinnerungen wach.

„Wenn Du willst, dass alles bleibt, wie es ist, sorge dafür, dass sich alles ändert“, diese alte Weisheit paraphrasierte ORF-Chef Roland Weißmann wohl mit seinem Satz „Ö1 ist kein Museum und war das auch nie", den er im Hinblick auf die viel diskutierten Reformpläne für das ORF-Radio formulierte. Prompt konterte  SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek mit der Forderung, das Programmkonzept der Radiosender Ö1 und FM4 in die UNESCO-Liste für immaterielles Kulturerbe aufzunehmen.

Diese aus dieser Richtung erstaunlich strukturkonservative Aussage kontrapunktierte Weißmann dann mit dem Satz: „Nur wenn man sich klug und strategisch weiterentwickelt, wird man überleben können“. Da hat er Friedrich Nietzsche auf seiner Seite, der uns in einem seiner Aphorismen aufgibt, darüber nachzudenken, dass eine Schlange stirbt, wenn sie sich nicht häutet.

Die Stunde der Kleinmeister

Der Schlagabtausch ruft Ö1-Hörern vielleicht ihre eigenen Irritationen über frühere Sender-Reformen in Erinnerung, wozu eine erhellende Anekdote beigesteuert sei. Eine der beliebtesten Sendeleisten war einst die Morgenmusik, die mit sanften Klängen der Vivaldi-, Haydn- und Mozart-Zeit auf die Frühnachrichten vorbereitete und dann mit deren Hiobsbotschaften wieder versöhnte.

Da schlug die große Stunde der kleinen Meister. Mozart wurde auch gespielt, gewiss, aber wo sonst konnte man Musik von Dittersdorf, Stamitz oder Maria Theresias Klaviermeister Wagenseil hören?

Geburt einer Sendung

Es waren die Moderatoren von Ö1, die irgendwann einmal beschlossen, in der Früh auch Lebhafteres  aus späteren Jahrhunderten senden zu wollen. Immerhin hatten ja auch Strawinsky und Konsorten Spritziges komponiert. Man wählte eine Signation von Francis Poulenc, einem der Meister der französischen Gruppe „Les Six“ und nannte das neue Produkt „Pasticcio“.

Widerstand von oben

Der damalige ORF-Boss Gerd Bacher tobte und beschied dem Sendungsverantwortlichen Maxilmilan Blumencron kurz und bündig: „Ich will die Kleine Nachtmusik hören“. Blumencron verkniff sich die Pointe, dass die Nachtmusik in der Früh vielleicht fehl am Platz sein könnte. Zu offensichtlich war ja, was Bacher wirklich meinte und dass es ihm nicht um die Tageszeit ging. Also musste ein zeittechnisches Argument her: „Aber Herr Bacher“, meinte Blumencron, „die Kleine Nachtmusik ist doch viel zu kurz!“ Bacher konterte wie aus der Pistole geschossen: „Na, dann spielen Sie’s halt noch einmal“.

„Pasticcio“ ging dennoch auf Sendung, ohne Mozart-Serenade, aber Strawinsky inklusive. Ich glaube, auch für Gerd Bacher galt die Sendung bald als unverzichtbar...

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