Budgetdebatte

Der Abschied der SPÖ von Kreiskys Schuldenpolitik

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner bei ihrer Wortmeldung
SPÖ-Chefin Rendi-Wagner bei ihrer Wortmeldung(c) IMAGO/SEPA.Media (IMAGO/Martin Juen)
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Der erste Tag der Budgetdebatte brachte nicht nur das übliche Lob der Regierungsvertreter und die Kritik der Opposition. Es gab auch eine interessante Wortmeldung von SPÖ-Chefin Rendi-Wagner, die für Diskussionen sorgte.

Wien. Parlamentsdebatten laufen üblicherweise nach einem traditionellen Schema ab: Die Regierungsparteien loben ihre Arbeit, die Oppositionsparteien kritisieren sie. Auch wenn die Regierung beispielsweise wie jetzt die kalte Progression abschafft – etwas, das alle Parteien schon einmal gefordert haben –, wird die Opposition etwas zu kritisieren finden. Der Finanzminister könnte Freibier in der fälschlicherweise sogenannten Milchbar des Parlaments verkünden, und es gäbe keinen Jubel.

Die Debatte am Donnerstag im Nationalrat über die Budgetrede von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und seinen Bundesvoranschlag für 2023 brachte allerdings Abwechslung. Es gab einen bemerkenswerten Politikwechsel bei der SPÖ, es gab Lob von der FPÖ für die Regierung, und es gab einen wütenden jungen Mann – ein recht interessantes Angebot für eine Diskussion, die sich auf 28 Redner beschränkte.

Beginnen wir mit dem Politikwechsel der SPÖ. Der kam von niemand Geringerem als der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner. In ihrem Debattenbeitrag kritisierte sie die Regierung heftig für den verschwenderischen Umgang mit Steuergeld. In der Coronakrise habe die Regierung 42 Milliarden Euro ausgegeben, nun gebe man 28 Milliarden Euro gegen die Teuerung aus. Diese Milliardenausgaben hätten aber keinen nachhaltig positiven Effekt.

„Geld ausgeben allein ist kein Rezept“, kritisierte Rendi-Wagner. Die „gefährliche finanzielle Maßlosigkeit“ der Regierung gehe auf Kosten der Steuerzahler. Man mache Schulden, die den finanziellen Spielraum einengen würden, und nachfolgende Generationen müssten „diesen budgetären Scherbenhaufen wegräumen“.

Das sind völlig neue Töne der Sozialdemokratie. Gerade weil einer der Vorgänger der Parteichefin, der verstorbene Ehrenvorsitzende der SPÖ, Bruno Kreisky, mit folgendem Spruch in die Annalen der österreichischen Innenpolitik eingegangen ist: „Ein paar Milliarden (damals Schilling, Anm.) mehr Schulden bereiten mir weniger schlaflose Nächte als ein paar hunderttausend Arbeitslose.“

Die Wortmeldung Rendi-Wagners war derart bemerkenswert, dass sogar der nachfolgende Redner, Hubert Fuchs von der FPÖ, nicht zuerst die Regierung kritisierte, sondern die SPÖ. Rendi-Wagner vergesse bei ihrer Attacke wohl, dass die SPÖ das Gießkannenprinzip bei den Förderungen erfunden habe. Und wenn sie bemängele, dass die Regierung finanzielle Spielräume verliere – „hätte es nicht SPÖ-Regierungsbeteiligungen gegeben, dann hätten wir heute einen größeren Spielraum“. Erst dann widmete sich Fuchs der Regierung, der er eine Fortsetzung der Defizit- und Schuldenpolitik vorwarf.

Sigrid Maurer, Klubchefin der Grünen, ergriff nur allzu gern die Möglichkeit, die Debatte weg vom aktuellen Budget hin zur SPÖ umzudrehen, und schoss sich ebenfalls auf Rendi-Wagner ein. Jahrelang habe die SPÖ kritisiert, die Regierung tue zu wenig, gebe zu wenig Geld aus, jetzt tue man auf einmal zu viel. Die SPÖ müsse sich entscheiden, „was die populistische Linie ist, die sie verfolgen will“. Zu wenig und zu viel kritisieren gehe sich nicht aus. Im Rest ihrer achtminütigen Rede verteidigte sie wenig überraschend die Budgetpolitik der Regierung.

„Macht einen auf Josef Taus“

Und auch Gerald Loacker, Neos, meinte, die SPÖ mache „eine umgekehrte Geschichtsstunde“. Rendi-Wagner „macht einen auf Josef Taus“ (Ex-ÖVP-Chef) und mahne, man gebe zu viel Geld aus. Dabei gebe es „keine Geldverschleuderungsaktion, die der SPÖ nicht eingefallen ist“.

Das eingangs erwähnte Lob der FPÖ kam von Reinhard Bösch, der meinte, die Regierung sei beim Verteidigungsbudget auf dem richtigen Weg. Und der wütende junge Mann war Neos-Mandatar Yannick Shetty, der sich unter anderem über die Milliarden für die Pensionisten ärgerte und den laschen Klimaschutz kritisierte.

Ansonsten? Ansonsten verlief die Debatte wie erwartet: Regierungsvertreter lobten das Budget, Redner der Opposition kritisierten es. Im Nationalrat wenig Neues.

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