Am liebsten ohne Schrägen, aber mit Garage. Und mit wie viel Glas nun genau?
Ganz oben will jeder gern wohnen, die Einheiten über den Dächern von Wien sind die begehrtesten und teuersten – und trotzdem sind es in neuen Luxus-Projekten häufig die Wohnungen, die am längsten auf einen Käufer warten. Und das ist nicht unbedingt eine Preisfrage, sondern vor allem eine Frage der Qualität: Wenn alles passt, finden sich gerade momentan genügend Käufer, die auch zweistellige Millionenbeträge ausgeben.
„Das Thema Penthouse ist kein Preis-, sondern ein Produktthema“, ist Petra Teufelsdorfer, Prokuristin und Leiterin des Bereichs Wohnimmobilien bei Piment, überzeugt. „Wenn das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht passt, wird man die Ansprüche von jemandem, der fünf bis 15 Millionen Euro ausgeben will, nicht befriedigen können. Wir hatten erst kürzlich einen Kunden, der sehr viel Geld ausgeben wollte, dem wir aber nichts Entsprechendes anbieten konnten.“
Was aber braucht ein Penthouse, um „etwas Entsprechendes“ für die ganz hohen Ansprüche zu sein? Streng nach der Schrift ist es ein Haus auf dem Haus, das entsprechend umlaufende Terrassen, keine Schrägen und schon gar keine direkten Nachbarn hat. Aber wenn man in Wien so streng sein wollte, könnte man jährlich vielleicht ein Objekt anbieten. Allerdings bedeutet die Tatsache, dass man es hierzulande nicht ganz so genau nimmt, jedoch nicht, dass damit jeder Dachgeschoßausbau automatisch zum Penthouse geadelt würde.
Denn ein wenig mehr Üppigkeit ist mit dem Namen doch verbunden. „Zumindest in jenen Lagen, wo auch ein gewisser Ausblick gegeben ist, ergibt es Sinn, entsprechend großzügiger zu planen“, unterstreicht Kathrin Einwaller von Einwaller und Fialik. „Und dadurch, dass die Weite sowie der Raum zusammenpassen, ist die ganze Architektur dann stimmiger“, weiß die Architektin und Interior-Designerin. Bei der Zimmeranzahl rät sie zu größeren Dimensionen: „Da die Preise gerade im Luxussegment ohnehin nach oben gehen, sollte man mindestens mit drei Zimmern planen sowie einer zusätzlichen großen Wohnküche.“ Denn bei Penthouse-Kunden gebe es oft den Wunsch nach einem Home-Office oder auch Nanny-Zimmer, für das es entsprechende Räume braucht. Weshalb ihrer Meinung nach in dieser Kategorie Einheiten unter 100 oder 150 Quadratmetern keinen Sinn ergeben. „Was überhaupt nicht gegen Mikrowohnen geht, das hat absolut seine Berechtigung“, betont Einwaller. Nur eben eher nicht auf der Dachebene.
Richard Buxbaum, Prokurist und Leiter der Bereichs Wohnen bei Otto Immobilien, plädiert ebenfalls für mehr Großzügigkeit: „Die Penthouses sind eben die absolute Königsklasse, da muss man sich wirklich anstrengen, das Beste herauszuholen – und zwar nicht nur bei der Nutzfläche, sondern auch bei den Terrassen.“ Teufelsdorfer würde auch immer eher zu einem schönen als zu zwei kleineren Penthouses raten. „Vielleicht mit einem Teilungsplan, aber man kann dann ein Haus auf dem Immobilienmarkt präsentieren, das alle vier Himmelsrichtungen und vielleicht fünf Schlafzimmer hat.“
Die bösen Schrägen
Bei Projekten in der Schutzzone im Ersten sei man bestimmten Kubaturen unterworfen, weiß Einwaller, womit man an einem Thema nicht vorbeikommt: den Schrägen. Und diese sind bei Dachgeschoßkunden ungefähr so beliebt wie ein ausgiebiger Zahnarztbesuch.
„Ganz schlimm sind sie, wenn sie vom Nullpunkt weggehen. Ab 1,10 oder 1,50 Metern sind Schrägen schon eher akzeptiert, wobei die Gesamtraumhöhe ein wichtiger Punkt ist“, sagt Teufelsdorfer. Entsprechend sind hier kreative Lösungen enorm wichtig. „Zum einen kann man versuchen, im Interiorbereich mit Wandverkleidungen und Schrankwänden zu arbeiten, hinter denen sich dann die so wichtigen kleinen Kämmerchen verbergen“, rät Einwaller. Durch das Einbeziehen von Außenbereichen vor den Schrägen lassen diese sich optisch auflösen. „Und dann kann man sie natürlich großzügig verglasen und mit kreativ Elementen, die man öffnen kann, versehen.“

Womit man aber derzeit bei Penthouses bei einem schwierigen Thema angekommen ist. Sogenannte Glaspaläste, die ohne Rücksicht auf Verluste im Sommer gekühlt und um Winter geheizt wurden, dürften ihren Zenit spätestens mit dem heurigen Herbst überschritten haben. „Es ist zwar noch nicht so, dass die Kunden wieder mehr Mauerwerk im Penthouse haben wollen, aber man merkt stark, dass das Thema Energieversorgung ein wichtiges ist“, berichtet Teufelsdorfer.
Freiflächen vor der Tür
Zu den wichtigsten Assets überhaupt gehören bei den Penthouses aber die Freiflächen – und zwar zumindest einige von ihnen direkt an der Wohnfläche. „Da sehe ich eine Entwicklung weg von der Maisonette plus Silvester-Terrasse darüber“, sagt Einwaller. Wenn möglich, hätten die Käufer gern alles auf einer Ebene – falls das nicht geht, brauche es unbedingt einen innen liegenden Lift oder einen Speiselift. Ein Pool oder eine Wellness-Landschaft oben am Dach sind natürlich gern gesehene Nice-to-haves, noch wichtiger sei den meisten Käufern aber eine Tiefgarage im Haus, betont Teufelsdorfer: „Das ist wirklich ein absolutes Must-have.“
Passt alles oder sind zumindest die positiven Seiten so positiv, dass sie das eine oder andere Manko überstrahlen, werden auch in Wien höhere Millionenbeträge lukriert, wie Buxbaum feststellt: „Da ist in den vergangenen Monaten doch einiges verkauft worden. Beispielsweise das Dachgeschoß im Almanac am Parkring um 20 Millionen Euro“, nennt der Immobilienmakler ein prominentes Beispiel in der Wiener Innenstadt. Für ein besonders luxuriöses Penthouse nahe der Oper, das lang auf dem Markt gewesen ist, hat sich jüngst ein Käufer gefunden.

„Das ist alles in den letzten drei bis vier Monaten passiert, und die Käufer waren durchwegs Österreicher. Was bestätigt, dass Penthouses nach wie vor ein interessanter Markt sind.“ Der Trend, dass die obersten Regelgeschoße den Dächern den Rang ablaufen, habe sich laut Buxbaum nach der Coronapandemie nicht weiter fortgesetzt. Denn in Sachen Freiflächen haben die Einheiten ganz oben dann doch noch immer die Nase vorn. (SMA)
AUF EINEN BLICK
Penthouses haben sich nach einem kurzen Kopf-an-Kopf-Rennen mit den obersten Regelgeschoßen wieder die Lufthoheit der teuersten Einheiten gesichert. Allerdings müssen sie für diese Preise auch perfekt sein: Schrägen, fehlende Parkplätze oder seit neuestem auch zu viel Glas wird hier selten verziehen. Themen wie die Energieversorgung gewinnen bei der Suche nach dem geeigneten Objekt im Luxussegment immer mehr an Bedeutung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2022)