Streamingtipps

Neue Serien: Geister, Punk und Aufklärunterricht

Schrecken im Jugend-Hospiz, Sexualkunde in Australien, eine ungewöhnliche Literatur-Adaption aus Korea, neue Blicke auf die Sex Pistols und ein ganz normaler Mann aus dem „Star Wars“-Universum: Eine Serien-Rundschau.

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The Midnight Club

Gruselnächte im Hospiz
Zu sehen auf Netflix

Serienerfinder Mike Flanagan gilt als ein Hoffnungsträger für das Horrorgenre und das hat seinen Grund: Ihm gelingt es, das Gefühlsspektrum von diesem zu erweitern. In seinem bisher größten Erfolg, „The Haunting of Hill House“ wurden fünf liebevoll gezeichnete Geschwister von Trauer gelähmt und konnten sich – zum Teil – erst befreien, indem sie sich Spukgestalten stellten. Mehr als einmal flossen (beim Zusehen) Tränen. In Flanagans neuer, inzwischen vierter für Netflix produzierten Serie „The Midnight Club“ rückt der Tod noch stärker ins Zentrum. Acht sterbenskranke Jugendliche erzählen einander nächtens Gruselgeschichten, um ihrem nahenden Ableben den Schrecken zu nehmen.

Neuankömmling Ilonka (Iman Benson) hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben: Sie hat das Hospiz, ein malerisches Art-Nouveau-Gebäude an der Küste Kaliforniens, bewusst ausgesucht: Vor fünfzig Jahren wurde ein Mädchen dort gesund. Nur: wie? Und sieht Ilonka tatsächlich Geister oder sind das Nebenwirkungen der Medikamente?

Wie in „Hill House“ lebt die Serie von den perfekt getimten Schauereffekten wie den Figuren, insbesondere Ruth Codd als Anya. Zynisch und hart will sie nicht mehr auf ein Wunder hoffen. Und tut es doch. (her)

Heartbreak High

„Sex Education“ in Australien
Zu sehen auf Netflix

Der erste Schultag läuft denkbar schlecht für Amerie (Ayesha Madon): Erstens redet ihre beste Freundin Harper (Asher Yasbincek) plötzlich nicht mehr mit ihr, und dann wird auch noch ihre „Sex-Landkarte“ entdeckt: Gemeinsam mit Harper hat Amerie an der Wand eines ungenutzten Schulgebäudes penibel festgehalten, wer mit wem was hatte. Samt Details! Das macht Amerie zur unbeliebtesten Teilnehmerin der Sexualkunde-Nachschulung, die allen aufgebrummt wird, deren Namen auf der Landkarte stehen. Die Dramedy ist ein Reboot der erfolgreichen Serie aus den 1990ern und wurde gehörig aktualisiert. Bonus: Der australische Akzent im Original ist sehr charmant. (her)

Andor

„Star Wars“ als Polit-Thriller
Zu sehen auf Disney+

Disneys vierte Serie aus dem Star Wars Universum geht erfrischend neue Wege. Alles dreht sich um den Antihelden Cassian Andor. Fans kennen ihn: Es ist jener Mann, der dem Imperium in „Rogue One“ die Baupläne des ersten Todessterns stahl. Andor ist kein Jedi mit mächtigen Kräften, kein Mandalorianer mit einem strengen Kodex und Rüstung. Andor ist ein ganz normaler Mann. Die Serie beginnt zwar recht langsam, die Rückblicke ziehen sich teils zu sehr in die Länge. In der aktuellen Folge kommt sie aber richtig in Schwung. (mare)

Little Women

Schwesterndrama aus Südkorea
Zu sehen auf Netflix

Mit dem gleichnamigen, vor allem in Amerika heiß geliebten 150 Jahre alten (und 2020 von Greta Gerwig verfilmten) Jugendroman von Louisa May Alcott hat diese neue Netflix-Adaption aus Südkorea nicht mehr viel zu tun – außer, dass auch hier ein Schwesterngespann im Mittelpunkt steht und in der Charakterzeichnung bei genauem Hinsehen ein paar Parallelen zu entdecken sind. Ansonsten wurde aus einem hochmoralischen protestantischen Stück Literatur ein langsam erzählter Mystery-Thriller, der sich (wie viele koreanische Erfolgsproduktionen) um Klassenklüfte, Gier und Macht dreht. Drei Schwestern, die, jede auf ihre Art, mit der Emanzipation aus ihrem armen Elternhaus ringen, verstricken sich – soviel verraten die bislang zwei Folgen – in einem verzweigten kriminellen Komplott. Und über allem steht die Frage: Wie wichtig ist Geld – jenes, das man hat, und vor allem jenes, das man nicht hat? (kanu)

Pistol

Auf den Spuren der Sex Pistols
Zu sehen auf Disney+

Wer war die Seele der Sex Pistols? John Lydon vulgo Johnny Rotten, der gewitzte Proletarier mit dem authentischen Zorn? Oder hatte Manager Malcolm McLaren recht, der nicht nur via Film „The Great Rock'n'Roll Swindle“ (1980) behauptete, er habe die Band erfunden und ihre Fäden gezogen? 2017 erschien „Lonely Boy: Tales from a Sex Pistol“, die Autobiografie des Gitarristen Steve Jones, der die Bandgeschichte naturgemäß aus einer wieder anderen Perspektive sieht, nämlich seiner eigenen.

Auf diesen Memoiren basiert diese Serie, gedreht von Danny Boyle, bekannt u. a. für den Junkie-Film „Trainspotting“ (1996). Sein Faible für unwirtliche urbane Umgebung hat ihm auch bei „Pistol“ geholfen, leicht war es nicht, das schäbige London der Mittsiebziger nachzustellen, inklusive der legendären Lagerhallen in der Denmark Street. Nach Durchsicht der atmosphärisch stimmigen Serie versteht man auch, warum John Lydon gar keine Freude damit hat: Er wird als neurotischer Exzentriker dargestellt. Die Song-Explosionen von „Anarchy in The U. K.“ bis „Holidays In The Sun“ wirken. Ziemlich heftig: die Geschichte hinter „Bodies“, dem Lied über eine Abtreibung, im gleichnamigen dritten Teil der sechsteiligen Serie. (tk)

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