"Wiener Zeitung": Redaktion prüft geschäftsschädigendes Verhalten

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Abonnenten soll gesagt worden sein, dass die "Wiener Zeitung" bereits mit Anfang des Jahres eingestellt werde. Dabei hatte es geheißen, dass sie noch bis Sommer täglich gedruckt werden soll.

Die Beziehung zwischen Redaktion und Geschäftsführung in der "Wiener Zeitung“ läuft mittlerweile auf einen offenen Kampf hinaus, nachdem in der Vorwoche die Regierung das Aus als Tageszeitung verkündete. Der Redaktionsbeirat äußerte sich in einer Mail an Eigentümer und Geschäftsführung entsetzt, dass "die Tageszeitung per Anfang nächsten Jahres offiziell nicht mehr existiert". Denn diese Auskunft hätten Abo-Interessenten am Telefon erhalten. "WienerZeitung"-Geschäftsführer Martin Fleischhacker betonte, es gebe keine derartige Anweisung.

Der "WienerZeitung"-Redaktionsbeirat ortete "schlechten" Stil, da "sowohl in der Informationsveranstaltung vergangene Woche als auch im persönlichen Gespräch mit dem Redaktionsbeirat von Geschäftsführerseite davon die Rede war, dass der 'Tag X' irgendwann nächsten Jahres zwischen Sommer und Winter" kommen werde. Man lasse nun prüfen, ob es sich hierbei um geschäftsschädigendes Verhalten handle, da der entsprechende Gesetzesentwurf noch nicht einmal in Begutachtung ist und damit ein Aus der Tageszeitung noch nicht endgültig besiegelt sei.

Fleischhacker hielt fest, dass es "natürlich keine derartige Anweisung" gebe. "Diese Auskunft ist auch aus meiner Sicht jedenfalls absolut inakzeptabel." Man werde der Sache umgehend nachgehen. Auch meinte der "WienerZeitung"-Geschäftsführer, dass ihm selbst auch noch kein Zeitpunkt bekannt sei, an dem sich das Medium verändern werde.

Proteste gegen Einstellung

Ihr Missfallen über die Einstellung der "WienerZeitung" in der gegenwärtigen Form - die Regierung sieht eine Monatszeitung samt täglicher Online-Berichterstattung vor - äußerten mittlerweile auch der Österreichische Städtebund, österreichische Schriftstellerverbände und der Verband der Auslandspresse in Wien. Letzterer hielt fest, dass mit den Plänen der Regierung die "Vielfalt der Qualitätsmedien, um die es in Österreich im europäischen Vergleich ohnehin nicht besonders gut bestellt ist, schwer beschädigt" werde. Die "WienerZeitung" sei mit ihrer tiefgründigen Auslandsberichterstattung eine "sehr wichtige Stimme".

IG Autorinnen Autoren, Österreichischer Schriftsteller/innenverband, Grazer Autorinnen Autorenversammlung und Österreichischer PEN-Club meinten, die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt werde von der Regierung "leichtfertig zu Grabe getragen". "Das ist keine Lösung, das ist eine medienpolitische Bankrotterklärung", hieß es in einer Aussendung. Mit der Abschaffung der "WienerZeitung" als Tageszeitung richte man einen nicht wiedergutzumachenden Schaden an der Literatur und am Qualitätsjournalismus in Österreich an. Der Städtebund sprach von einem "Armutszeugnis", eine Tageszeitung de facto einzustellen. Die Zeitung lege besonderen Wert darauf, Fakten schnörkellos und ruhig zu erzählen. "Außerdem werden weitere Arbeitsplätze in einem umkämpften Bereich verloren gehen", befürchtete Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger.

(APA)

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