Nach kurzer Nacht: Opposition zerpflückt Sozial-Budget

NATIONALRAT: KLIKOVITS
NATIONALRAT: KLIKOVITS(c) APA/ROBERT JAEGER (Robert Jaeger)
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Zweiter Akt im Budget-Finale: Die Opposition empört sich über Einschnitte im Pflegebereich. Kickl nennt Pröll "eine schwarze Null" - und die Orangen schießen eine rote Praline auf den Boden.

Verschlafene Gesichter im Hohen Haus: Keine fünf Stunden nach dem Ende der 18-stündigen Marathonsitzung mussten die Abgeordneten um 9 Uhr früh erneut im Parlament anrücken, um ihre Budgetdebatte fortzusetzen.

Eine kurze Regenerationsphase war den Politikern nach der kurzen Nacht nicht vergönnt, gleich zu Beginn stand das heikle Thema Soziales am Programm. FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl schoss sich sofort auf VP-Finanzminister Josef Pröll ein: Es gebe eine "schwarze Null", damit meine er aber nicht die Behauptung, "dass es in Österreich keine Neuverschuldung mehr gibt" - das stimme ohnehin nicht, so Kickl. Diese "schwarze Null" sei vielmehr Pröll selbst - "lautstark unterstützt von lauter roten Nullen".

Der FPÖ-Generalsekretär ortete einmal mehr eine Bevorzugung von ausländischen Mitbürgern bei Sozialleistungen. So würde es auf der einen Seite zu Pensionskürzungen kommen, dafür würden sich Ausländer etwa die Mindestsicherung "holen", so Kickl. Außerdem würden "Millionen" ans Ausland transferieren - "für Kinder, die im Ausland leben". Kickls Kritik am Arbeitsmarkt setzte an der selben Stelle an: Dass am 1. Mai kommenden Jahres der Arbeitsmarkt für Personen aus den neuen EU-Beitrittsländer geöffnet wird und befürchtet daher einen Verdrängungswettbewerb zu Lasten der Österreicher. Kritik übte er auch an den Zugangsverschärfungen zum Pflegegeld (in den Stufen 1 und 2).

Auch BZÖ-Sozialsprecherin Ursula Haubner kritisierte die Maßnahmen beim Pflegegeld. Sie forderte erneut eine jährliche Valorisierung dieser Geldleistung. Kritik übte die Abgeordnete unter anderem auch an der Streichung des Alleinverdiener-Absetzbetrages, "das trifft gerade Pensionisten, die werden jetzt bestraft." Die Budget-Sanierung würde nur aus Kürzung von Leistungen und Einführung von neuen Steuern bestehen, in Sachen Strukturreformen tue sich aber nichts.

Maßnahmen teils "unsinnig und bösartig"

Kritik kam auch vom Grünen Sozialsprecher Karl Öllinger: Zwei Drittel der Einsparungen würden den Sozialbereich betreffen. Dies stelle zwar noch nicht den sozialen Kahlschlag dar, "aber einzelne Maßnahmen sind unsinnig und bösartig gegenüber den Menschen." Betreffend Pflege kritisierte er, man nehme nur jenes Geld, das man jetzt den Betroffenen weggenommen habe, wieder in die Hand und werde dann damit den Pflegefonds finanzieren.

Hundstorfer wies die Kritik zurück und stieß sich vor allem an den Vorwürfen Kickls. So würde etwa die Familienbeihilfe nur dann an Ausländer gehen, "wenn der EU-Bürger hier auch arbeitet, hier Steuern zahlt". Außerdem müsse jeder einzelne die Voraussetzungen am inländischen Arbeitsmarkt erwerben - auch für die Mindestsicherung. Zur Kritik der endenden Übergangsfristen merkte Hundstorfer an, man sei auf die Öffnung sehr gut vorbereitet.

"Wir sind beim Pflegegeld Weltmeister"

Betreffend Pflege sagte der Sozialminister: "Österreich ist beim Pflegegeld Weltmeister". 5,1 Prozent der Gesamtbevölkerung würden diese Leistung beziehen - der weltweite Schnitt liege bei 2,3 Prozent. Er verwies auf seinen Plan, in zwei Etappen die künftige Finanzierung im Pflegebereich zu lösen: Der dringende Finanzierungsbedarf von Ländern und Gemeinden werde in einer ersten Etappe geregelt. 2014 werde dann das Problem beim neuen Finanzausgleich neu geregelt.

VP-Sozialsprecher August Wöginger betonte, dass die Sozialquote bereits bei mehr als 30 Prozent liege. Auch die Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete hätten gegriffen. Probleme räumte er im Bereich der Pensionen ein - der Bundesbeitrag sei immerhin um zehn Prozent gestiegen; Ursache sei, dass zu früh in Pension gegangen werde.

Für Aufregung sorgte VP-Abgeordneter Oswald Klikovits, der eine rot-schwarze Schachtel mit Zuckerln am Rednerpult abstellte und die Abgeordnete aufforderte, sich zu bedienen. Nationalräsident Fritz Neugebauer  ließ die Schachtel jedoch wieder entfernen.

"Den Zwetschenkrampus kannst Du dir gleich mitnehmen"

Nachredner Gerald Grosz (BZÖ) wollte aber auch die von Klikovits für ihn persönlich auf das Rednerpult gelegte Süßigkeit nicht annehmen: Mit den Worten "Den Zwetschkenkrampus kannst Dir auch gleich mitnehmen!" wurde selbiger vom orangen Abgeordneten auf den Boden des Plenarsaales gefegt.

Nach dem Sozial-Kapitel werden am Dienstag noch die Voranschläge für die Bereiche Gesundheit, Unterricht, Wissenschaft und Infrastruktur unter die Lupe genommen. Abgeschlossen wird die Budgetdebatte dann am Mittwoch mit den Kapiteln Wirtschaft und Familie, Landwirtschaft und Umwelt sowie Finanzen, bevor dann auch noch die Schlussabstimmung folgt.

(APA)

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