Asyl

Oberösterreichische Gemeinde kündigt Protest gegen Zelte für Geflüchtete an

APA/BARBARA GINDL
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In St. Georgen befindet sich bereits ein Erstaufnahmezentrum für 200 Personen. Der Bürgermeister bezeichnet die Zelte, als „dümmste Unterbringung, die es gibt“. Am Nationalfeiertag wolle man deshalb zur Westautobahn marschieren.

Zelte als Quartiere für Flüchtlinge lassen derzeit die Wogen hochgehen. Auf dem Areal der Bundesbetreuungsstelle Thalham in St. Georgen im oberösterreichischen Attergau (Bezirk Vöcklabruck) wurden sie am Samstag aufgebaut. Bürgermeister Ferdinand Aigner (ÖVP) kündigte deshalb am Montag in einer Pressekonferenz einen Protestmarsch an. "Am Nationalfeiertag wird es eine Bürgerinformation vor dem Gemeindeamt geben, dann marschieren wir Richtung Westautobahn."

Bei der Autobahnabfahrt seien "Abschlussprotestmaßnahmen geplant" - ob es zu einer Blockade der Autobahn komme, "lassen wir offen", so Aigner. Kommen die Zelte bis zum 26. Oktober weg, werde es lediglich eine Bürgerinformation geben. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) habe ihm in einem Telefonat zugesichert, dass die Zelte von der unmittelbaren Grundgrenze zu Einfamilienhäusern weg kämen, mehr aber auch nicht. Am Samstagabend seien die ersten Busse mit Leuten angekommen, die Zelte besetzt, auch die Polizei sei bereits im Einsatz gewesen, sagte Aigner.

„Die dümmste Unterbringung"

Der Bürgermeister erklärte am Montag im "Ö1 Morgenjournal", er kenne das Spiel, dass Thalham in der Causa Asyl als Druckmittel verwendet werde. Zelte seien "die dümmste Unterbringung, die es geben kann", wurde er deutlich. Dagegen wolle man sich mit Protesten wehren. Die Gemeinde trage ohnehin schon mit dem Erstaufnahmezentrum West zur Unterbringung bei, das bei einer Kapazität von bis zu 200 Plätzen momentan mit 270 Personen, eben auch in den Zelten, belegt sei. Darüber hinaus habe man in einem ehemaligen Sanatorium Kinder und Jugendliche aus einem Waisenhaus in der Ukraine aufgenommen, mit großer Unterstützung aus der Bevölkerung, betonte er.

Die Zelte sollen ohnehin im Laufe der Woche weiter nach hinten am Gelände verlegt werden, hieß es von der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU). Man habe wegen des Regens am Samstag eine asphaltierte Fläche an der Grundgrenze gewählt, da der restliche Boden durchnässt gewesen sei. Man würde die Zelte lieber früher als später wieder abbauen und hoffe auf die Solidarität der Bundesländer bei der Unterbringung, appellierte auch die Betreuungsagentur an eine ausgewogenere Verteilung der Flüchtlinge.

Stelzer: Auch andere müssen ihren Beitrag leisten

"Uns ist klar, dass es jetzt Sofortmaßnahmen braucht. Oberösterreich hat jedenfalls bereits sehr viele illegal eingereiste Migrantinnen und Migranten aufgenommen. Jetzt müssen auch andere ihren Beitrag leisten", reagierten Landeshauptmann Thomas Stelzer und Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (beide ÖVP) in einer Presseaussendung. Das Grundproblem liege in der großen Zahl von Asylanträgen und der Untätigkeit der EU. In Thalham würden die Zelte verlegt und die Polizeipräsenz in der Gemeinde verstärkt. Hattmannsdorfer stehe in laufendem Austausch mit Bürgermeister Aigner.

Die stellvertretende Klubobfrau der Neos Oberösterreich, Julia Bammer, sagte in einer Presseaussendung, Hattmannsdorfer müsse die von den Gemeinden eingeforderte Solidarität auch von den anderen ÖVP-Bundesländern und der eigenen Landesregierung verlangen. Der Wunsch des Landesrats nach vielen kleineren Quartieren widerspreche dem Wegfall der 100-Personen-Grenze bei Quartieren, die ÖVP und FPÖ kürzlich im Landtag auf den Weg gebracht hätten.

SPÖ und Grüne kritisieren Landesregierung

Oberösterreich erfülle seine Unterbringungsquote nur zu 76 Prozent, und das, "obwohl Landesrat Hattmannsdorfer selbst im Landtag bestätigt hat, dass geeignete private und kleinere Quartiere freistehen", sagte SP-Landesgeschäftsführer Florian Koppler in einer Pressemitteilung. "Diese müssen endlich genutzt und für die Betreuung zur Verfügung gestellt werden". Koppler warf ÖVP und FPÖ vor, "lieber mit Bildern von Zeltquartieren Stimmung gegen Asylwerberinnen und -werber" zu machen.

70 Prozent der Menschen, die aktuell in den Bundesquartieren untergebracht seien, müssten schon in einem Landesquartier sein, seit Monaten würde auf dieses Versäumnis hingewiesen, meinte die Integrationssprecherin der oberösterreichischen Grünen Ines Vukajlovic. Hattmannsdorfer solle für menschenwürdige Quartiere sorgen. Sie betonte, dass im Grün-geführten Integrationsressort von 2015 bis 2021 mit Erfolg auf klein strukturierte und dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten gesetzt worden sei.

(APA)

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