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Der Unterschied zwischen Atelier und Mauer

Priebes wichtigste Erfahrung: „Der Unterschied zwischen Atelier und Mauer. Im Freien sind so viele Dinge außerhalb der Kontrolle, die Passanten, die Sonne, der Regen.“
Priebes wichtigste Erfahrung: „Der Unterschied zwischen Atelier und Mauer. Im Freien sind so viele Dinge außerhalb der Kontrolle, die Passanten, die Sonne, der Regen.“Amanshauser
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Ein bedeutendes Festival für Murals findet im Oktober am Golf von Mexiko statt.

S t. Pete ist unser Museum“, bringt Jenee Priebe ihre Arbeit auf den Punkt. Die Kunst der Murals sei nicht „meant to be forever“, aber fest stünde, außergewöhnliche Wandgemälde werteten die Stadt auf. Vielleicht wirkt Priebe nicht wie eine klassische Chefin, doch man merkt rasch, sie hat eine komplexe Sache in der Hand. Zwischen 14. und 23.  Oktober veranstaltet sie St. Pete, ­Florida, das achte Mal hintereinander ihr Festival „Shine“, in dessen Rahmen lokale und internationale Künstler, ­darunter die weltbesten, Wandbilder auf frei gegebene Mauern malen und sprayen.

„Wir garantieren den Künstlern, dass ihr Werk ein Jahr bestehen bleibt, und lassen ihnen freie Themenwahl. Es gibt nur eine Regel: keine Politik. Aber diese ­wissen gut, wie sie ihre politischen Anliegen unterbringen.“ Die Vorarbeiten sind für Jenee und ihr Team beträchtlich, auch auf dem Gebiet der Diplomatie. „Wenn sich die Eigentümer etwas wünschen könnten, würden neun Zehntel von ihnen sagen: Malen Sie bitte Meeresgetier! Dabei leistet diese Kunst echt mehr als Delfine und Oktopusse.“

In St. Pete haben Wandbilder immer eine Rolle gespielt, heute existieren um die 600, nur ein Teil davon geht aufs ­Festival zurück. Priebe findet es faszinierend, den Kunstschaffenden bei der Arbeit zuzusehen. „Einige folgen einem Masterplan, andere lassen sich von außen inspirieren. Jeder geht auf seine oder ihre Art mit Passanten und Zuschauern um.“ Manche haben einen Künstler-Background, der Rest kommt aus der Graffiti-Szene.

Im vergangenen Jahr hat St. Pete mehr Murals verloren als je zuvor, die boomende Stadt am Golf von Mexiko erneuert sich. „Den Graffitikünstlern ist mehr oder weniger egal, was mit ihren Werken langfristig passiert – Maler sind da nos­talgischer.“ Im achten Jahr des Festivals ist Jenee Priebe vielleicht nicht mehr ganz so hungrig wie am Beginn. „Durch die Gentrifizierung fällt es uns immer schwerer, geeignete Mauern zu finden. Ursprünglich wollte ich den Job zehn Jahre lang machen. Wir werden sehen. Wenn die Stadt sich so weiterverändert, ist die Frage, wie lang es uns noch gibt.“ 

("Die Presse Schaufenster" vom 14.10..2022)

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