Pizzicato

Die Kleine

Angela Merkel war es in den 1990er-Jahren bald leid, als „Kohls Mädchen“ abqualifiziert zu werden – als nette, junge Ministerin für Jugend und Familie, als CDU-Quotenfrau aus dem Osten.

Das gab die Ex-Kanzlerin neulich zu Protokoll. Intern und hinterrücks war der Jargon noch despektierlicher. Im Lauf der Jahre avancierte sie von der „Zonenwachtel“ zur „Mutti“. Als sie „Übervater“ Kohl 1999 in der Parteispendenaffäre als Säulenheiligen vom Sockel stürzte, war dem Männerbund CDU nicht nach Lachen zumute.

Ähnlich muss sich das nun für Silvio Berlusconi anfühlen. In seiner Statur weniger imposant als Kohl, aber mit mindestens ebenso stolzgeschwellter Brust holte er als Premier 2008 Giorgia Meloni als damals jüngste Ministerin in der Geschichte Italiens als Ressortchefin für Jugend und Sport in die Regierung. In der Manier eines Patriarchen verpasste er ihr einen Spitznamen: „Piccoletta“,

Inzwischen haben sich die Machtverhältnisse verkehrt, und die „Kleine“ schlägt zurück. In einer Notiz im Senat bezichtige Berlusconi sie der Arroganz und Rechthaberei. Sie sei nur nicht erpressbar, konterte sie. Gewohnt, in Palästen und Villen Hof zu halten, kam Berlusconi in die Zentrale der Fratelli d'Italia gekrochen, um seiner Partei Posten und Pfründe zu sichern. Nicht nur die Mafia weiß: Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt serviert. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.