Prognose

Russlands Krise kommt in Raten

Russlands Wirtschaft schrumpft heuer deutlich weniger als im Sommer prognostiziert. Das heißt aber nicht, dass die Sanktionen nicht wirken. Der Getreideexport über ukrainische Häfen entwickelte sich positiv.

Wien. Um etwa sieben Prozent werde Russlands Wirtschaft heuer schrumpfen, hatte das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) im Sommer prognostiziert. In der Herbstprognose vom Mittwoch hat das WIIW die Erwartung kräftig revidiert. Mit einem Minus von 3,5 Prozent dürfte die Rezession weit milder ausfallen. „Zumindest“, so das WIIW in einer Aussendung, „wenn man den immer spärlicher werdenden offiziellen Statistiken Glauben schenken darf.“

Was sich abzeichnet ist demnach eine Rezession auf Raten. Die Sanktionen wirken demnach nicht so schnell wie von vielen erwartet, sondern vielmehr wie ein schleichendes Gift. Aber sie wirken, betont man beim WIIW. Im nächsten Jahr wird Russlands Wirtschaft demnach weiter schrumpfen, mit einem Minus von drei Prozent fast so stark wie im laufenden Jahr.

Öl-Embargo wirkt sich aus

2023 dürften sich auch die Folgen des EU-Ölembargos sowie die westlichen Hochtechnologie-Sanktionen verstärkt bemerkbar machen, erwartet man beim WIIW. „Insbesondere das westliche Embargo auf Hochtechnologie, beispielsweise bei Halbleitern, trifft nicht zuletzt die Rüstungsindustrie hart und schwächt Moskau damit auch militärisch“, sagt WIIW-Direktor Mario Holzner: „Auch wenn es der Regierung und der Notenbank gelungen ist, die Situation makroökonomisch zu stabilisieren, bedeutet der Bruch mit dem Westen mittelfristig wirtschaftliche Stagnation ohne jede Entwicklungsperspektive.“

Einen Gamechanger nennt WIIW-Experte Vasily Astrov die unlängst verkündete Teilmobilmachung: „Hunderttausende gut ausgebildete Männer werden entweder eingezogen oder haben das Land bereits fluchtartig verlassen. Für die Wirtschaft ist das ein Aderlass mit schwerwiegenden längerfristigen Konsequenzen.“

(luis)

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